Newtimer oder Neoclassics: Eine neue Autoklasse
Duisburg (dpa/tmn) - Sie werden Newtimer, Babytimer oder auch Neoclassics genannt - junge Autos bis 20 Jahre, die aus der Masse hervorstechen. Doch wie man diese Fahrzeuge einheitlich bezeichnen könnte und ob eine neue Kategorie notwendig ist, darüber streiten Experten.
Manche Autos sind eine echte Bank und gelten nicht zuletzt deshalb als Klassiker. Ein Ferrari F40 ist so ein Wagen. Der mit einem V8-Biturbo bestückte Supersportwagen lief zwischen 1987 und 1992 in Maranello 1315 Mal vom Band und kostete ab 444 000 Mark. Die Nachfrage nach dem F40 war jedoch vom ersten Tag an so groß, dass das Auto bereits während der laufenden Produktion zur Rarität wurde: Ein Exemplar hat das Londoner Auktionshaus Christie's am 11. November 1989 für sagenhafte 2,7 Millionen Mark versteigert. Heute bewegen sich die Gebrauchtwagenpreise zwischen 300 000 und 400 000 Euro, also immer noch deutlich über dem damaligen Neuwagenpreis.
Fahrzeuge mit dem Klassiker-Prädikat sind wertstabil. Sie sind keine Alltagsautos, sondern Liebhaberkarossen, von denen es vergleichsweise wenige gibt. Haben sie die 30 Jahre überschritten, erhalten sie zusätzlich den Oldtimer-Stempel. Die Altersgruppe darunter, mit einem Mindestalter von 20 Jahren, wird als Youngtimer bezeichnet. Für noch jüngere Liebhaberfahrzeuge - wie die F40-Modelle aus den letzten Produktionsjahren - gibt es dagegen noch keine konkrete Bezeichnung.
„Für mich sind das einfach Sammlerstücke oder eben Klassiker“, sagt Automobilexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Autos mit einem gewissen Etwas - keine Konfektionsware, wie er betont, sondern Fahrzeuge „mit mehr Engagement“. Eine neue Kategorie für jüngste Exemplare dieser Art muss in seinen Augen aber nicht erfunden werden. Dennoch kursieren in der Autoszene fünf Begriffe: Newtimer, Neotimer, Neoclassics, Babytimer oder auch Baby-Boomer.
Im Gegensatz zu Dudenhöffer sehen viele Fachaussteller eine weitere Fahrzeugkategorie neben Old- und Youngtimer als wichtig an. So zeigt zum Beispiel die Stuttgarter Oldtimermesse Retro Classics unter der Bezeichnung Neoclassics unter anderem junge Edelsportwagen. „Wir fassen darunter auch Luxuslimousinen oder Manufakturfahrzeuge zusammen - Modelle, die aufgrund ihrer geringen Stückzahlen schon heute als Klassiker gelten“, sagt Organisator Karl-Ullrich Herrmann. Für die Automobilhersteller sei es sehr wichtig, auch junge Fahrzeuge im Umfeld glanzvoller Oldtimer zeigen zu können. Durchgesetzt habe sich der Begriff Neoclassics allerdings bisher nicht.
Der Marktbeobachter Classic Data in Bochum kann mit einer neuen Kategorie wie dieser wiederum wenig anfangen. „Wir nennen diese Autos einfach Liebhaberfahrzeuge“, sagt Analyst Frank Wilke. Als Verkaufsargument würden die Marketingstrategen vieler Kfz-Hersteller schnell einen neuen Klassiker-Begriff ins Spiel bringen. Doch gerade Großserienfahrzeugen lasse sich ein solches Prädikat nicht einfach aufstempeln. So kann der neue Flügeltürer Mercedes SLS AMG Wilke zufolge niemals ein echter Klassiker werden - „weil der Wagen ja letztlich nur die Kopie eines Klassikers ist“.
Ein Liebhaberwagen, der schon jetzt als Klassiker gehandelt werde, sei dagegen der Audi RS2, sagt Wilke. Mit dem Auto hat der Ingolstädter Hersteller 1994 das neue Segment der Power-Kombis aus der Taufe gehoben. „Zudem war der RS2 eine Kooperation zwischen Audi und Porsche“, nennt Wilke eine weitere Besonderheit des modifizierten Audi 80, von dem weniger als 3000 Stück gebaut wurden.
Ein weiterer Klassiker der jüngsten Vergangenheit ist nach Meinung von Ferdinand Dudenhöffer der Smart Roadster, der zwischen 2003 und 2005 produziert wurde. „Und der Mercedes CLS“, so der Forscher. Mittlerweile bauen oder planen zwar noch andere Hersteller viertürige Coupés - „aber nur der CLS ist als erster Wagen dieser Art ein Klassiker“. Als Newtimer, Neo- oder Babytimer würde Dudenhöffer diese Autos dennoch nicht bezeichnen.
Einige Versicherungen wie Provinzial oder Axa haben dagegen den Begriff Newtimer inzwischen übernommen. Voraussetzung für einen Spezialvertrag für junge Klassiker bis 20 Jahre ist dort unter anderem die „Liebhabernutzung“. Das bedeutet, dass mit dem Wagen pro Jahr nicht mehr als 9000 Kilometer gefahren werden dürfen. Im Schadensfall sieht die Newtimer-Versicherung vor, dass der Unfallwagen nicht nach dem regulären Marktwert, sondern auf der Grundlage eines sogenannten Liebhaber-Gutachtens eingestuft wird.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin hält diese neue Tarifkategorie allerdings für überflüssig: „Im Schadensfall kann grundsätzlich auch über ein Gutachten abgerechnet werden“, erklärt Katrin Rüter de Escobar vom GDV.