Richtig gerankt? Auto-Bewertungen ringen um Glaubwürdigkeit

Stuttgart (dpa) - Ein Ranking, über Auto-Modelle? Seit der ADAC-Affäre klingeln die Alarmglocken, wenn es um solche Ranglisten geht. Die Methoden hinter den Aufstellungen sind höchst unterschiedlich.

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Dekra-Chef Gerd Neumann ist vorbereitet. Minutenlang referiert er über die Methoden des Gebrauchtwagenreports. „Wir sind nicht in der Not, Zahlen zu manipulieren“, versucht er kritische Frager zu beschwichtigen. „Wir adressieren den Kunden, wir sind nicht interessiert am Hersteller.“

Seit der ADAC mit den Manipulationen beim „Gelben Engel“ für Schlagzeilen gesorgt hat, sehen sich die Anbieter von Rankings zunehmend kritischen Nachfragen ausgesetzt.

„Die Basis von Vertrauen ist Transparenz“, sagte Volker Breid, Geschäftsführer der Motor Presse, jüngst in Stuttgart. Der Verlag schaltete deshalb bei der Leserwahl der Zeitschrift „auto motor sport“ in diesem Jahr erstmals einen Notar ein.

Doch Marktforscher hinterfragen die grundsätzliche Aussagekraft solcher Umfragen. „Viele Leser-Umfragen sind nicht repräsentativ, weil von vornherein ein enger Kreis ausgewählt ist“, sagte der Soziologe Steffen Hillmert von der Uni Tübingen. „Es spricht nichts dagegen, wenn ein Verein seine Mitglieder befragt.“ Das dürfe aber nicht mit unabhängigen Studien verwechselt werden, bei denen es um einen repräsentativen Querschnitt gehe.

Für sein Kundenbarometer beispielsweise geht der ADAC anders vor und befragt mit Hilfe eines externen Marktforschers jährlich 20 000 Autofahrer - darunter auch Nicht-Mitglieder. Dem liege ein Online-Panel zugrunde, die Befragung sei also online repräsentativ, sagt Jan Schreier vom ADAC-Technikzentrum in Landsberg am Lech. Dass Werte wie „Zufriedenheit“ abgefragt würden, sei subjektiv, räumt er ein. Es habe aber trotzdem seine Berechtigung. „Der ADAC wird nicht die volle Realität abbilden können, trägt aber seinen Teil dazu bei.“

Für seine Pannenstatistik wertete der ADAC zuletzt gut 170 000 der 2,6 Millionen im Jahr 2012 betreuten Pannen aus, Bedienungsfehler nicht mitgezählt. Die Aussagekraft solcher objektiver Kriterien sei höher, sagt Thomas Gautschi, Professor am Lehrstuhl für Methoden der empirischen Sozialforschung der Uni Mannheim. Denn vor allem Werte wie „Beliebtheitsgrad“ oder „Umweltbewusstsein“ seien schwer messbar.

Die Prüforganisationen TÜV und Dekra gehen ähnlich vor. Sie werten für ihre Aufstellungen wie den am Mittwoch veröffentlichten Dekra-Gebrauchtwagen-Report und den TÜV-Report die selbst durchgeführten amtlichen Hauptuntersuchungen aus. 15 Millionen Untersuchungen sind es bei der Dekra.

Dahinter liege im Gegensatz zu der ADAC-Leserumfrage ein mathematisches Modell, sagt Dekra-Chef Neumann. „Wir müssen uns nicht rechtfertigen, hier geht es um ein ganz anderes System.“ Ein Sprecher des TÜV-Dachverbands äußert sich vorsichtiger: Manipulationen könnten nie ausgeschlossen werden, sagt er. Aber es gebe sehr viele Sicherheits- und Qualitätsschleifen.

Auch die Zeitschrift „Auto Bild“ arbeitet mit Fachjurys und externen Prüfern wie dem Anbieter der „Schwacke-Liste“ zusammen, der auf Basis der Daten von Online-Verkaufsportalen den Wert von Gebrauchtwagen ermittelt. Der Gewinner des „Goldenen Lenkrad“ werde allerdings in einigen Kategorien von den Lesern direkt vergeben, räumt eine Sprecherin des Axel-Springer-Verlags ein. Nur beim Preis „Beste Marken in allen Klassen“ erfolge die Auswertung durch ein externes Institut.

Hersteller wie Daimler wollen sich aber auch nach der Debatte um den ADAC von Publikumspreisen nicht abwenden. Sie seien von „hoher Bedeutung“, spiegelten unmittelbar die Meinung der Öffentlichkeit wieder, hieß es jüngst beim Stuttgarter Konzern. Sozialforscher Gautschi bleibt skeptisch: „Ich würde nicht sagen, Populär-Umfragen sind nutzlos. Ich würde ihnen aber nicht zu viel Gewicht beimessen.“