Schmalspur-Stars der IAA: Die Kabinenroller
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Wie sieht der Stadtwagen der Zukunft aus? Geht es nach den Designern, fahren wir mit schmalspurigen elektrisch angetriebenen Zwittern aus Auto und Motorroller durch die Metropolen von morgen.
Solche Ideen sind auf der IAA vielfach zu sehen.
Genau beschreiben kann er es nicht. „Aber irgendetwas muss es zwischen Auto und Motorrad noch geben“, sagt Markus Auerbach. Er gehört zum Designteam von Audi und brütet über dem elektrischen Stadtfahrzeug für die Metropolen von morgen. Um in immer größeren und volleren Städten überhaupt voran zu kommen, müsse das nicht nur sauber, sondern auch klein sein. Und preislich attraktiv.
Mit seinem Team aus Designern und Ingenieuren hat Auerbach das Urban Concept auf die Räder gestellt. Mit dieser 3,20 Meter langen, aber 1,70 Meter schmalen Hightech-Seifenkiste ist er allerdings nicht allein. Auch andere Hersteller zeigen vergleichbare Studien auf der Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt (15. bis 25. September).
Neben der Audi-Studie, die es auf dem Messestand als Sportback mit einer wie im Segelflieger verschiebbaren Glaskanzel und als Spyder ohne Dach zu sehen gibt, steht in Frankfurt auch der nach einem ähnlichen Muster gestrickte Opel Rak-e. Wie der Audi bietet er Platz für zwei Insassen. Im Audi sitzen sie versetzt nebeneinander, im Opel fahren sie wie auf dem Motorrad hintereinander.
Noch konsequenter ist der VW Nils. Weil nach Angaben von Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg 90 Prozent der Berufspendler ohnehin alleine im Auto sitzen, haben die Niedersachsen den Platz für den Sozius einfach weggelassen. Dafür bietet der Nils über dem Heckmotor Stauraum - etwa für den Wochenend-Einkauf.
Hackenberg sieht im Nils das ideale Fahrzeug für Pendler von morgen. Vor allem für den Stadtverkehr konzipiert, darf der Wagen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auch auf die Autobahn. Und weil 70 Prozent der Pendler zwischen Wohnung und Arbeit nur 25 Kilometer fahren, soll ein Aktionsradius von 65 Kilometern genügen. Zum Vergleich: Audi gibt für das Urban Concept 70, Opel für den RAKe rund 100 Kilometer an. Nach rund einer Stunde seien die Batterien wieder geladen, heißt es bei den Herstellern.
Für die Stadtmobile der Zukunft spricht in den Augen von Opel nicht nur der saubere Antrieb. Da die Fahrzeuge vergleichsweise leicht seien und deswegen kleinere Akkus benötigten, werde elektrische Mobilität bezahlbar, sagt Pressesprecher Patrick Munsch. Er rechnet für 100 Kilometer mit einem Stromverbrauch von fünf Kilowattstunden für je 20 Cent. Was allen Studien aber noch fehlt, ist eine funktionierende Kostenrechnung. Denn damit die Sicherheit nicht zu kurz kommt, scheint der Einsatz von teuren Materialien wie Karbon und Aluminium unumgänglich.
Einen weiteren Vorteil hätten die Schmalspurflitzer aber: Wegen ihrer begrenzten Leistung dürfen sie schon mit 16 Jahren gefahren werden. „So können wir eine Zielgruppe erreichen, die sich bislang nur für Roller und Ähnliches interessiert hat“, so Audi-Vorstand Michael Dick. Und damit auch die Eltern den vollen Fahrspaß bekommen, könnte ein neues Vertriebskonzept kommen: „Warum keinen zweiten Schlüssel anbieten und für den Vater die volle Leistung freischalten.“
Vorher allerdings müssen die Vordenker in Ingolstadt, Wolfsburg oder Rüsselsheim solche Fahrzeuge erst einmal in die Serienentwicklung bekommen. Technisch scheint das kein Problem: Der Nils erfülle „schon jetzt alle Crashanforderungen“, heißt es zum Beispiel bei VW.
Dass es die Hersteller ernst meinen mit ihren Konzepten, belegt der Blick auf den Messestand von Renault: Während die Neuzeit-Kabinenroller von Audi, VW und Opel allesamt noch als Studie im Spotlight stehen, klebt am Twizy der Franzosen bereits ein Preisschild. Er geht noch vor dem Jahresende in Frankreich in den Handel. Im Frühjahr 2012 soll er nach Angaben des Pressesprechers Thomas May-Englert ab 6990 Euro plus Batteriemiete auch in Deutschland auf den Markt kommen.
Nach einer Einschätzung von Vishwas Shanka vom Analyseinstitut Frost & Sullivan sind die Franzosen damit Trendsetter: „Die Entwicklung der Megacitys, die sich verändernden Mobilitätstrends und das wachsende Interesse an abgasarmen, spritsparenden Autos lässt viele Fahrzeughersteller ganz neue Microcars für Europa entwickeln“, sagt der Beobachter. Er rechnet mit einem dramatisch wachsenden Markt. Anderer Meinung ist Branchenkenner Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen: Solche Fahrzeuge „bieten weder die Emotionen eines Motorrades, noch den Komfort eines Autos. Damit bleiben sie Zwitter, die es keinem recht machen können.“