Sportsgeist gegen die Spießigkeit - 40 Jahre 5er BMW

München (dpa/tmn) - Vor 40 Jahren hießen Manager noch Sachbearbeiter, und ihre Dienstwagen noch nicht 'Business-Class'. Doch im Prinzip verfolgten diese Autos schon das gleiche Ziel: Geschäftsleuten die Reise angenehm zu machen.

Der 5er BMW punktete dabei mit Sportlichkeit.

Es ist der späte Sommer 1972, als BMW in München die „neue Klasse“ vorstellt. Unter dem internen Kürzel E12 entwickelt, legt der bayerische Hersteller den Grundstein für seinen Aufstieg in die gehobene Mittelklasse. Es ist der Beginn einer der erfolgreichsten Geschäftslimousinen der Welt. Die Rede ist vom 5er. Die Baureihe feiert in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag.

Bereits vorher in München gezeigt und fotografiert, feiert der 5er seine offizielle Weltpremiere im Herbst auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt. Er startet mit zwei Liter großen Vierzylinder-Motoren: als 520 mit Vergaser und 85 kW/115 PS und als 520i mit Einspritztechnik und 96 kW/130 PS. Grundpreis: 14 490 D-Mark. Ein Schnäppchen? Nicht ganz, wenn man bedenkt, dass der durchschnittliche Monatslohn bei knapp 1000 Mark liegt.

Vom damaligen Designchef Paul Braq klar und kantig gezeichnet, soll der 5er gegen Autos wie die „/8“ genannten Mercedes-Baureihen W 114 und W 115 oder den Audi 100 vor allem mit seinem Sportsgeist punkten. Dazu wurde ihm ein energisches Gesicht gezeichnet - samt auch heute bei BMW noch tonangebenden Stilmerkmalen wie Doppelscheinwerfer und steile Niere. Und die Abstimmung des neu entwickelten Fahrwerks ist temperamentvoll. Von „vital“ spricht 1972 der Technische Direktor Helmut Bönsch.

Über die Jahre vertieft BMW die Strategie: 1973 bringen die Münchener mit dem 107 kW/145 PS starken 525 den ersten 5er mit einem Sechszylindermotor, 1975 kommt der 528 mit 2,8 Litern und 121 kW/165 PS. Doch nicht genug. 1979 legt die Motorsportabteilung der Marke in Garching Hand an. Der M535i leistet 160 kW/218 PS, und ist damit der Vorbote des M5, der 1985 debütiert. Einen Diesel dagegen bieten die Bayern erst beim Nachfolger aus der Baureihe E28 an. Das auf Sportlichkeit bedachte Unternehmen will zunächst nichts zu tun haben mit den noch recht schwächlichen Ölbrennern. Heute kommen Diesel beim 5er in Deutschland auf einen Verkaufsanteil von rund 90 Prozent.

Die Mischstrategie aus Sportlichkeit und gehobenem Anspruch kommt an. Die Tester loben den Kompromiss aus Temperament und Bequemlichkeit. Und Kunden können mit dem 5er ihren Aufstieg dokumentieren und werden trotzdem nicht gleich zu Spießern abgestempelt. Den Erfolg dokumentiert letztlich der Absatz: Bis zum ersten Generationswechsel 1981 verkauft BMW fast 700 000 Einheiten.

Mittlerweile wird der 5er in sechster Generation gebaut. Und zusammen mit dem ab 1991 als Touring angebotenen Kombi marschiert BMW schnurstracks auf eine Produktionsziffer von sieben Millionen zu. „Aber das Erstlingsmodell ist mittlerweile selten geworden“, sagt Ulrich Thieme aus Neuss. Er betreibt die Website www.E12.de und geht von kaum mehr als 1500 verbliebenen Zulassungen in Deutschland aus.

Wer einen davon erstehen will, müsse heute schon ziemlich tief in die Tasche greifen, so Thieme: „Die Zeiten, als der E12 noch für eine Kiste Bier verkauft wurde, sind lange vorbei.“ Besonders gefragt seien die Varianten M535i und 528i. Der M5-Vorläufer könne deutlich über, das Topmodell aus der Großserie knapp unter 10 000 Euro kosten. „Aber im Schnitt geht es bei 4000 Euro los.“ Alles, was günstiger zu bekommen sei, ziehe mit hoher Wahrscheinlichkeit kostentreibende Instandsetzungen nach sich.

Wer dagegen ein behütetes Exemplar wie den für eine Probefahrt aus der BMW-Classic-Sammlung entführten 528 erwischt, erlebt den Bayern als wunderbare Zeitmaschine. Frei von elektronischen Spielereien und nach heutigen Maßstäben spartanisch ausgestattet, verspricht er die markentypische Freude am Fahren in unverwässerter Form.

Auch fast 40 Jahre nach dem ersten Zündfunken springt sein Reihensechszylinder auf Anhieb an. Und auch beherzte Gasstöße akzeptiert er wie gestern. Die 9,5 Sekunden bis Tempo 100 vergehen wie im Flug, die maximal 198 km/h wirken spektakulärer als 250 km/h im aktuellen Modell. Die Kurvenfahrt verlangt nach kundiger Hand am Lenkrad. Denn lange bleibt die Limousine stoisch ruhig, entwickelt dann aber plötzlich eine gefährliche Eigendynamik, die der an elektronische Helfer gewöhnte Fahrer von heute so nicht mehr kennt.

Für diese Art des Autofahrens können sich mittlerweile wieder mehr BMW-Freunde erwärmen. E12-Kenner Thieme weiß von neuerdings wieder steigenden Bestandszahlen für den Bayern aus den Kindertagen der Business-Klasse. Grund für die neue Beliebtheit ist vor allem das mittlerweile hohe Alter: „Die letzten Baujahre aus deutscher Produktion sind nun 30 Jahre alt und können als Oldtimer ein H-Kennzeichen bekommen. So wird die Zulassung wieder erschwinglich.“ Die Dienstwagenrolle für am Steuer sportlich ambitionierte Geschäftsleute hat der temperamentvolle Bayer aber längst abgegeben.