Start-up in der Großstadt Taxi teilen: Eine Fahrgemeinschaft mit Krokodil
Berlin (dpa) - Als wäre so eine Partynacht nicht schon teuer genug. Club-Eintritt, überteuerte Longdrinks. Dann ab ins Taxi - und oft ist das letzte Geld weg. Mit der neusten Idee der Sharing Economy soll das anders werden.
Und der Heimweg billiger.
Taxi-Sharing könnte der als verstaubt geltenden Branche neue Perspektiven öffnen. In Berliner Partynächten wird getestet. Und die Taxi-Branche bewegt sich auch. Die Idee: eine neue Art der Fahrgemeinschaft. Man bucht per Handy eine Fahrt von A nach B, unterwegs werden Fahrgäste aufgesammelt, die in die ähnliche Richtung wollen. Jeder wird an seinem Zielort abgesetzt - und der Preis unter allen Mitfahrern geteilt. Eine App berechnet die ideale Route.
So eine App hat das Berliner Start-up Door2Door entwickelt. Allygator heißt sie, wie das Krokodil. Die Idee, sich das Shuttle mit Unbekannten zu teilen, sei ihnen gekommen, weil sie Lücken in den Transportnetzen vieler Städte entdeckt hätten, erzählt Marketing- Chefin Anne-Laure de Noblet. „Das Netz der Berliner Verkehrsbetriebe beispielsweise wurde vor Jahrzehnten entwickelt. Wie die Leute sich bewegen, wie sie wohnen, wo sie arbeiten, hat sich seitdem komplett verändert.“
An diesem Punkt soll Allygator einspringen. In Berlin hat vor einigen Monaten der Testbetrieb begonnen. Die zehn Shuttles seien seitdem in jeder Wochenend-Partynacht voll, sagt de Noblet. Auch andere fahren schon gut mit der Idee - wie Clever Shuttle, deren Elektroautos in München, Leipzig und Berlin, bald auch in Hamburg und Frankfurt unterwegs sind. Die Bahn ist beteiligt, gefahren wird nur nachts und nahe der Innenstadt, der Festpreis gilt auch, wenn mal keine Fahrgemeinschaft zustande kommt.
Das macht auch die Taxi-Branche neugierig: Taxi-Sharing sei ein interessantes Konzept, heißt es. „Wir begrüßen das grundsätzlich, weil es zeigt, dass unser Gewerbe keineswegs so altbacken ist, wie es immer dargestellt wird“, sagt der Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands, Michael Müller. Eine österreichische Firma arbeitet für sie an einer App, noch ist aber nichts marktreif.
Den Druck durch junge Unternehmen mit alternativen Mobilitäts-Ideen scheint man in der Branche deutlich zu spüren. Zwar gibt es keine aktuellen Zahlen zur Umsatzentwicklung oder Auslastung der Taxis in Deutschland. Doch der Verband gibt sich betont jung, hat gerade eine Werbekampagne mit dem Slogan „Verlässlich ist modern“ gestartet.
Druck machte auch die Einführung des Mindestlohns, der höhere Kosten verursachte und die Taxi-Tarife steigen ließ. Und US-Konkurrenz wie Uber, die ihren Fahrdienst mit Privatleuten in Privatautos nach Klagen aus der Taxi-Branche in Deutschland aber einstellen musste.
„Wir sind in vielen Dingen innovativer als die, die uns herausfordern“, betont Müller. Doch die Sharing-Angebote, die es auf dem Markt schon gebe, verursachten noch keine „Riesen-Nachfrage“. „Vielleicht ist den Leuten das zeitliche Risiko zu unkalkulierbar, durch einen Umweg in verkehrsreichen Zeiten in einen Stau zu geraten“, spekuliert der Verbandspräsident. Geschäftsleute wollten auf dem Weg zum Termin noch ungestört telefonieren, andere keinen Puffer für Umwege einplanen.
Außerdem setze das Angebot „ein gewisses Auftragspotenzial zu der Zeit und in die Richtung“ voraus, das es nicht in jeder Stadt gebe. „Das wird kein ganz einfacher Markt“, sagt Müller. Mobilität lasse sich eben nicht nur über den Preis steuern. „Es fährt ja keiner, weil es gerade billig ist, wenn er nicht irgendwohin will.“
Bei Allygator will man die Taxi-Branche beruhigen. Es gehe ihnen nicht um einen Angriff, betont de Noblet. „Unser Ziel ist es nicht, den Taxis Marktanteile wegzunehmen.“ Verkehrsunternehmen sollen die App kaufen und ihr eigenes Angebot so verbessern, dass die Leute das eigene Auto zu Hause stehen lassen. Und wenn die Taxi-Branche auch Interesse am Sharing-Algorithmus hätte - umso besser.