BMW i3: Mit Spannung in die Zukunft
Berlin (dpa-infocom) — Ist das der Stromschlag, der die Elektromobilität endlich in Fahrt bringt? Wenn es nach BMW geht, schon. Denn die Bayern sprechen von nichts weniger als einer Revolution, wenn sie Ende November endlich den i3 an den Start bringen.
Nach sechs Jahren Entwicklungszeit ist es soweit: BMW bringt den i3 auf den Markt. Der hochbeinige Stadtflitzer für vier Personen ist nicht irgendein weiterer elektrischer Kleinwagen, sondern auch noch das erste Großserienauto mit einer Karbonkarosse. Vor allem sei der mindestens 34 950 Euro teure Bote einer besseren Zukunft laut BMW Teil eines innovativen Mobilitätskonzeptes, das über das reine Fahren hinausgehe.
Abschied von traditionellen Werten
Von traditionellen BMW-Werten muss man sich verabschieden — nicht nur, weil man vergebens auf den sonoren Sound eines Reihensechszylinders wartet. Der i3 fährt besser als die meisten anderen Elektro-Autos am Markt. Er hat die dynamischere Abstimmung, die strammere Straßenlage und vor allem den stärkeren Motor. Immerhin hat der 125 kW/170 PS starke Wagen nach nur 7,2 Sekunden schon Tempo 100 auf dem Tacho. Doch bei 150 km/h dreht die Elektronik dem i3 mit Rücksicht auf die Reichweite den Saft ab.
Wirklich sportlich fahren möchte man mit dem Stromer ohnehin nicht. Denn wo man in 3er und Co. fast automatisch vom Fahrzeug gefangen genommen und zum Gasgeben motiviert wird, nimmt sich der i3 spürbar zurück: Die Sitzposition ist entspannter, man wirkt ein wenig der Welt entrückt und fährt automatisch gelassener.
Sparen beginnt im Kopf
Das ist auch angebracht. Wenn man das Elektroauto tatsächlich mit Elan bewegt, ist es mit der Reichweite nicht weit her: Obwohl die revolutionäre Karbonkarosse und das Alumodul für die Technik in der Bodengruppe das Gewicht auf eindrucksvolle 1270 Kilogramm drücken, schrumpft der Aktionsradius auf dem Bordcomputer dann schnell unter 100 Kilometer.
Wer allerdings vorausschauend fährt, mehr rekuperiert als bremst und vielleicht noch einen der zwei Sparmodi mit reduzierter Leistung und gedrosselter Klimaanlage wählt, der kann sogar 200 Kilometer aus den Akkus holen. Das drückt die Kosten und spart viel Zeit. Denn an der normalen Steckdose dauert das Volltanken über acht Stunden. Nur mit der stärksten Ladetechnik kann man die Akkus schon in weniger als 30 Minuten wieder zu 80 Prozent füllen.
Luxus-Lounge im Bio-Laden
Aber BMW geht nicht nur bei Antrieb und Aufbau neue Wege, auch das Ambiente zeugt von der Suche nach einem nachhaltigen Stil. Nicht Chrom und Glanz geben den Ton an, sondern natürliche Farben und nachwachsende Rohstoffe: In den Türtafeln sieht man die Hanffasern, die Sitze sind aus Wollfasern gewoben und die offenporigen Hölzer fast naturbelassen — willkommen in der Luxus-Lounge des Bioladens.
Dazu gibt es viele innovative Details rund um Navigation und Infotainment. Dass man auf dem Bildschirm eine sehr präzise Reichweitenprognose und alle freien Ladesäulen in der Umgebung sieht, ist nichts Neues. Und dass man vom Handy aus die Akkuladung steuern oder das Klima im parkenden Fahrzeug regeln kann, gibt es auch bei anderen E-Mobilen. Aber weil BMW es offenbar ernst meint mit der neuen Mobilität, binden die Bayern auch den öffentlichen Nahverkehr mit in die Routenplanung ein. Auf Wunsch führt die Navigation deshalb nur bis zu einem Park&Ride-Platz und führt den i3-Fahrer über das Handy mit Bussen und Bahnen oder sogar zu Fuß ans Ziel.
Patzer bei Ausstattung und Karosseriekonzept
Dafür fehlen bei dem Viersitzer ein paar andere Selbstverständlichkeiten. So ist das vielleicht innovativste Auto in Deutschland nicht mit LED-, sondern nur mit trüben Halogenscheinwerfern unterwegs.
Man muss die Sitze von Hand verstellen und auch das zum Einsteigen so bequeme Konzept mit den gegenläufigen Türen ist nicht zu Ende gedacht. Denn aussteigen kann der Hintermann nur, wenn auch der Vordermann die Türen öffnet und sich abschnallt. Und die Fenster im Fond gehen erst gar nicht auf.
Fazit: Coolness schlägt Kostenfaktor
Die größte Hürde für den langfristigen Erfolg des i3 ist sein Preis. Schon die 34 950 Euro für das Grundmodell sind ein Wort. Mit wichtigen Extras wie der Schnellladetechnik, der Wallbox für die Garage daheim oder dem benzinbetriebenen Range Extender, der Strom für weitere 100 Kilometer produziert, ist man schnell bei 50 000 Euro. Dafür kann man auch einen Fünfer kaufen und viel Diesel oder Benzin. Doch gegen den i3 ist der Fünfer ein altbackenes Allerweltsauto. Denn BMW hat es geschafft, den Kleinen cool und begehrenswert erscheinen zu lassen. Wenn die Bayern das durchhalten, könnte es mit der elektrischen Revolution tatsächlich klappen.
Datenblatt: BMW i3
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke