Fahrbericht Der Volvo V60 im Test: Es muss nicht immer SUV sein
Berlin (dpa-infocom) - Der Schneewittchensarg, der 960, der 850 und zuletzt der V70 - abgesehen vielleicht noch von Audi steht keine andere Marke so sehr für den Kombi wie Volvo.
Zwar haben sich die Schweden zuletzt ebenfalls von der SUV-Welle mitreißen lassen und gleich drei neue Geländewagen in Folge aufgelegt. Doch jetzt halten sie kurz inne, besinnen sich auf alte Ideale und offerieren Firmenfahrern und Familienvätern mal wieder einen Flachmann mit großer Klappe: V60 heißt der Hoffnungsträger, der im Juli zu Preisen ab 40.100 Euro startet und genau in der Lücke zwischen C- und E-Klasse, 3er und 5er, A4 und A6 fährt.
Die Ecken und Kanten sind passé
Mit dem alten Bild eines Volvo Kombi hat der V60 nicht mehr viel gemein. Die Ecken und Kanten im Design der Schweden sind längst rund geschliffen und fast schon organischen, überraschend muskulösen Formen gewichen. So wird der V60 zum Lifestyle-Laster, der sich den Luxus leistet, für die schöne Form auf ein paar Liter Laderaum zu verzichten.
Viel Platz für Kind und Kegel
Platzmangel gibt es deshalb natürlich trotzdem keinen. Nicht für die Koffer, weil auch das schlanke Heck noch 529 Liter fasst und sich auf bis zu 1441 Liter erweitern lässt. Und nicht für die Kinder, die bei 2,87 Metern Radstand vor allem von ungewöhnlich dünnen und trotzdem sehr bequemen Sitzen profitieren und entsprechend viel Fußraum haben.
Außerdem gibt es im V60 jede Menge Details, an denen man erkennen kann, dass Volvo eben doch große Erfahrung mit dem automobilen Lastentransport hat. Allem voran gilt das für einen cleveren Klappboden im Heck, den man als Laderaumteiler aufstellen und dann gleich noch als Taschenhalter nutzen kann.
Das Cockpit macht den Unterschied
Während der V60 hinten ein wenig an alte Zeiten erinnert, fährt man vorne in einer neuen Welt. Genau wie zuerst die 90er-Modelle bietet auch der kleinste der großen Volvo-Modelle ein ziemlich einzigartiges Ambiente, das alles anders macht als die Konkurrenz: Der Touchscreen für Navigation & Co ist längs statt quer montiert, der Startknopf ist ein drehbarer Würfel auf dem Mitteltunnel und selbst den Zündschlüssel haben die Schweden umgemodelt.
Vernunft mit vier Zylindern
Auch unter der Haube gehen die Schweden - nicht ganz freiwillig - ihren eigenen Weg. Weil ihnen das Geld für die Entwicklung einer großen Motorpalette fehlt, setzen sie in ihren größeren Modellen mittlerweile allein auf einen zwei Liter großen Vierzylinder, den es als Diesel und Benziner und in der nächsten Ausbaustufe auch als Plug-In-Hybrid gibt.
Der V60 wird damit zum Start als D3 mit 110 kW/150 PS oder als D4 mit 140 kW/190 PS angeboten. Und bevor ein paar Monate nach dem Verkaufsbeginn die Plugin-Modelle 250 kW/340 PS oder 287 kW/390 PS folgen, ist der 228 kW/310 PS starke T6 mit Achtgangautomatik und Allradantrieb das stärkste Modell in der Familie.
Ein Kilometerfresser der gemütlichen Gangart
Zwar klingen 228 kW/310 PS nach reichlich Fahrspaß und wo die Diesel auf dem Prüfstand bereits mit bestenfalls 4,4 Litern (CO2-Ausstoß 119 g/km) zufrieden sind, kommt der Benziner mit Expresszuschlag auf 7,4 Liter und 171 g/km. Doch darf man sich weder von den Leistungsdaten, noch von den Fahrwerten verleiten lassen. So imposant ein Sprintwert von 5,8 Sekunden und ein Spitzentempo von 250 km/h auch sein mögen, ist der V60 viel zu komfortabel abgestimmt, als dass man mit ihm um die Kurven kratzen möchte.
Das Fahrwerk ist selbst in der sportlichsten Einstellung eher wolkig und die Lenkung weich. So wird der Volvo zu einem Kilometerfresser der gemütlichen Gangart, mit dem man lieber langsam, aber dafür umso länger unterwegs sein will.
Sicher ist sicher
Dazu passt auch das Heer der Sicherheitssysteme. Weil die Schweden fest daran glauben, dass in ihren Autos bald niemand mehr zu Tode kommen muss, haben sie bereits in der Serienausstattung alle möglichen Risiken vom Nachtunfall mit Wild bis hin zur Kollision auf einer Kreuzung elektronisch reduziert.
Gegen Aufpreis bieten sie zudem einen Pilot Assist an. Der macht den Fahrer zumindest bis Tempo 130 auf der Autobahn zum Nebendarsteller, der nur noch gelegentlich seine Präsenz durch den regelmäßigen Griff ans Lenkrad beweisen muss.
Fazit: Attraktive Alternative für Vielfahrer und Familienväter
Natürlich stehen die Geländewagen ganz oben auf der Shopping-Liste der Neuwagenkäufer und Volvo bedient den Trend mit gleich drei Angeboten ja selbst. Doch mit dem V60 beweisen die Schweden einmal mehr, dass es nicht immer ein SUV sein muss: Elegant gezeichnet, genauso praktisch, dabei handlicher zu fahren, billiger zu kaufen und weniger zu betanken - so wird der V60 zur attraktiven Alternative für Vielfahrer und Familien. Es muss eben nicht immer ein SUV sein.
Datenblatt: Volvo V60 T6 AWD
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke