Jeep Grand Cherokee: Massig - aber nicht träge
Berlin (dpa-infocom) - Hier ein paar andere Stoffe, dort frisch geschminkte Scheinwerfer und zwischendurch etwas mehr Leistung für einzelne Motoren - viel mehr Neues hat Jeep in den letzten zwei Jahren nicht zustande gebracht.
Das ändert sich mit dem neuen Grand Cherokee.
In mittlerweile vier Generationen ist er zum Aushängeschild der Marke geworden und steht gleichermaßen für Luxus und Leistung. Und vor allem für einen Aktionsradius, der selbst dort noch weiter geht, wo die Straße zu Ende ist. Diesem Anspruch wird auch das neue Modell gerecht. Denn der Geländewagen ist nicht nur edler ausgestattet, sondern hat auch bei den Offroad-Fähigkeiten noch einmal nachgelegt. Seit Dezember ist das Modell zu Preisen ab 52 850 Euro im Handel.
Konstruiert mit deutscher Entwicklungshilfe
Als letztes Kind der geschiedenen Ehe von Chrysler und Daimler wurde er auf der Plattform der aktuellen Mercedes M-Klasse entwickelt. Das sorgt nicht nur für eine solide Konstruktion, sondern bringt dem Grand Cherokee auch die Option auf eine Luftfederung, die in den gehobenen Modellvarianten Standard ist. Mit ihr gleitet der 2,5-Tonner ganz gelassen über den Highway und passt sich dank variabler Bodenfreiheit nahezu jedem Terrain an. Dabei hilft auch der Drehregler auf dem Mitteltunnel, mit dem man Allradantrieb, Stabilitätsprogramm und Getriebesteuerung dem jeweiligen Streckenprofil anpassen kann.
Während der neue Tempomat den Abstand zum Vordermann hält, Radarsensoren vor einem Auffahrunfall warnen und die Elektronik den Blick in den Toten Winkel übernimmt, rollt man mit dem Grand Cherokee souverän und erhaben durch Stadt und Land. Die Lenkung ist für amerikanische Verhältnisse präzise, und gegenüber dem Vorgänger wirkt das Auto viel agiler. Nur der Bremse fehlt ein wenig Feingefühl.
Der Dieselmotor kommt erst später
Der wichtigste Motor für den Einsatz außerhalb Amerikas wird sicher der Diesel, dem drei Liter Hubraum und 184 kW/250 PS nachgesagt werden. Doch ist dieser Motor genau wie die einfacheren Ausstattungsvarianten erst im Frühjahr lieferbar. Deshalb gibt es zum Start nur einen neuen V6-Benziner mit 210 kW/286 PS und einen Achtzylinder mit 5,7 Litern Hubraum.
Der Achtzylinder ist zwar in etwa so zeitgemäß wie ein Telefon mit Wählscheibe oder eine Dampflokomotive vor dem Intercity, doch passt er perfekt zum großen Geländegänger. Mit 259 kW/326 PS und mehr noch mit seinen maximal 520 Nm ist der Grand Cherokee ganz gelassen. Ohne Mühe und vor allem ohne jede Aufregung wuchtet der V8 den Wagen vehement voran. Wenn 2,5 Tonnen in 8,7 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt werden und mit 225 km/h über die linke Spur jagen, mag man von der „Trägheit der Masse“ nichts wissen.
Einen schönen Gruß an den Tankwart
Die Zeche für diesen Kraftakt zahlt man allerdings wenig später an der Tankstelle: Zwar hat der Motor eine automatische Zylinderabschaltung, die beim gemächlichen Gleiten unmerklich vier Töpfe stilllegt. Doch weil es sonst keine Effizienztechnologien gibt, braucht der Grand Cherokee schon im Normzyklus 14,1 Liter (CO2-Ausstoß: 327 g/km) und ist im Alltag kaum unter 16 Litern zu fahren. Dass dem V8-Motor Normalbenzin genügt, ist da nur ein schwacher Trost.
Mehr Mühe haben sich die Amerikaner beim Interieur gegeben. Früher dominierten im Wageninneren oft Kunststoffe und billige Holzimitate. Nun bietet der Grand Cherokee ein angenehmes Ambiente mit viel Leder und ein paar hübschen Zierleisten. Weil der Radstand deutlich und alle anderen Maße zumindest ein wenig gewachsen sind, hat man an Bord nun noch mehr Platz: Vorn sitzt man feudal, auf der etwas zu kurzen Rückbank noch immer sehr ordentlich, und in den Kofferraum passen je nach Konfiguration 782 bis 1554 Liter.
Fazit: Ein würdiger Vertreter seiner Art
Groß und gelassen, luxuriös und leistungsstark - wäre da nicht der exorbitante Verbrauch, dann wäre der Grand Cherokee der perfekte Reisewagen mit deutlich erweitertem Aktionsradius. Doch vielleicht ist ja der Diesel sparsamer. Und vielleicht müssen Kunden, die für das V8-Modell mindestens 62 450 Euro ausgeben, ja auch nicht auf den letzten Liter schauen - zumal sie gegenüber Konkurrenten wie der Mercedes M-Klasse oder dem BMW X5 gute zehn Prozent sparen. So gesehen ist der Grand Cherokee ein würdiger Vertreter seiner Gattung - und vor allem ein wichtiges Signal für das Überleben der Marke Jeep.