Lancia Ypsilon: Picobello durch die Stadt
Berlin (dpa-infocom) - Lancia lebt! Die noble Fiat-Tochter kämpft eifrig gegen das Vergessen an. Der neue Ypsilon soll die Kunden aufrütteln. Er folgt der italienischen Liebe zu Stil und Eleganz. So will er zum Luxusliner unter den Kleinwagen werden.
Der neue Ypsilon will es mit Lifestyle-Modellen wie dem Mini oder dem Citroen DS3 aufnehmen. Er basiert auf dem Fiat Cinquecento. In den Handel kommt der Wagen im Juli, die Preise beginnen bei etwa 12 500 Euro.
Erstmals und ausschließlich als Fünftürer
Dafür gibt es einen 3,84 Meter langen Stadtflitzer, der zum ersten Mal seit drei Generationen als Fünftürer angeboten wird. Allerdings sind die hinteren Türen so geschickt in die schmucke Flanke integriert, dass man sie erst auf den zweiten Blick erkennt. Auf Anhieb zu sehen ist dagegen der üppige Zierrat, den die Italiener aufgetragen haben. Der Grill an der gekürzten Front ist groß und glänzend, Scheinwerfer und Rückleuchten funkeln wie Edelsteine, und der Typenschriftzug glitzert auf dem knuffigen Heck im Sonnenlicht.
Für ein Auto dieser Größe bietet der Ypsilon ziemlich viel Platz. Klar geht es hinten ein wenig enger zu und man muss schon etwas den Kopf einziehen, wenn einem am Sitz der Frisur gelegen ist. Aber der Kofferraum ist mit 245 Litern absolut alltagstauglich und in der ersten Reihe sitzt man nicht schlecht. Selbst mit knapp 1,90 Metern hat man genügend Platz für Kopf und Knie und hält gebührenden Abstand zum Nebenmann. Nur ein paar mehr Ablagen würden nicht schaden.
Als Luxusauto eine Mogelpackung
Mit dem versprochenen Luxus ist es innen allerdings nicht sonderlich weit her: Vornehme Extras wie Lederpolster, Klimaautomatik und sogar das Radio gibt es nur gegen Aufpreis oder in gehobenen Modellvarianten. Was auf den ersten Blick hübsch aussieht, fühlt sich enttäuschend billig an. Die Hutze über den wie ein Breitbild-Fernseher in die Mitte gerückten Instrumenten wackelt wie ein Palmwedel im Wind und knistert, wenn man sie anfasst. Die Plastikkonsolen rund um die Musik- und Klimazentrale wirken trotz des Klavierlacks preiswert. Und die Kopfstützen sind ungeheuer hart und nicht weit genug verstellbar.
Wichtigster Motor neben dem Basisbenziner mit 1,2 Liter Hubraum und 51 kW/69 PS und dem Diesel mit 1,3 Liter Hubraum und 70 kW/95 PS ist der TwinAir-Zweizylinder. Mit ihm haben die Italiener die Idee vom Downsizing auf die Spitze getrieben: Der Turbo mit gerade einmal 0,9 Liter Hubraum leistet 63 kW/85 PS und gibt sich im Schnitt mit 4,2 Litern Sprit zufrieden. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 99 g/km. Damit man diesen Wert in der Praxis auch nur annähernd erreicht, muss man jedoch den Eco-Modus aktivieren. Dann werden die Leistungsspitzen gekappt und das Auto reagiert so träge, als sei das Gaspedal aus Gummi.
Flott durch die Stadt
Wählt man den Normalbetrieb, fährt der Lancia spritzig und flott durch die Stadt und macht abgesehen von der schnell anschwellenden Geräuschkulisse auch über Land eine ordentliche Figur. Der Motor entwickelt dann bis zu 145 Newtonmeter Drehmoment, mit denen er das Leichtgewicht von 960 Kilogramm in 11,9 Sekunden auf Tempo 100 bringt. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 176 km/h.
Bei der Kurvenhatz und mehr noch beim Parken hilft eine ordentliche Lenkung, die man im City-Modus noch weicher abstimmen kann. Dann ist die Servo-Unterstützung so groß, dass man den Wagen buchstäblich mit dem kleinen Finger einparken kann. Was dagegen vor allem auf den maroden Straßen in den Städten stört, ist das polternde Fahrwerk mit einem Federungskomfort, der nicht so recht zum Luxusanspruch des Ypsilon passen will. Auch das Getriebe könnte etwas Feinschliff vertragen. Erstens fehlt ihm ein sechster Gang. Zweitens braucht man viel Kraft und Feingefühl, um den Knüppel sauber durch die Schaltkulisse zu führen.
FAZIT: Mehr Schein als Sein
Schön gedacht, aber nicht ganz so gut gemacht - so scheitert der Ypsilon an seinen eigenen Ansprüchen. Er ist ein hübsch anzuschauender Stadtflitzer mit einem pfiffigen Styling, einem adäquaten Platzangebot und einem vernünftigen Motor. Er fährt ordentlich und hat einen wettbewerbsfähigen Preis. Aber er ist nun wirklich kein Luxusliner für die Westentasche. Dafür fehlt es nicht nur an Ausstattung und Finesse, sondern auch an der technischen Substanz.