Mini Clubman: Man, bist Du groß geworden!
Berlin (dpa-infocom) - Die Revolution frisst ihre Kinder. Denn die Zeiten, in denen ein Mini mal anders war, sind offenbar vorbei. Diesen Eindruck zumindest vermittelt der neue Clubman, der Ende Oktober zu Preisen ab zunächst 23 900 Euro in den Handel kommt.
Zweckmäßig statt zeitgeistig
Der neue Clubman ist nicht nur auf 4,25 Meter - und damit zum größten Mini aller Zeiten - gewachsen. Aus dem Nonkonformisten wird plötzlich ein ziemlich konventioneller, der mit Macht in den Kreis von Golf und Co. drängt. Mini-Fans mag das ein Gräuel sein. Doch wer unvoreingenommen ist, entdeckt im neuen Clubman einen pfiffigen Praktiker, der einfach ein bisschen anders aussieht als die normalen Schrägheck-Modelle und Kombis in der Kompaktklasse. Das gilt nicht allein für das Comic-Design mit den großen Glubschaugen, den stark betonten Kotflügeln und den Rückleuchten mit beinahe hypnotischer Wirkung, sondern auch für das Türkonzept.
Selbst wenn Mini die alberne, entgegen der Fahrtrichtung angeschlagene „Club Door“ auf der rechten Seite ausgemustert hat und jedem Hinterbänkler nun seinen eigenen Zugang spendiert, haben sich die Briten am Heck eine Eigenheit bewahrt: Nach wie vor gibt es dort die sogenannten Split-Doors. Diese öffnen sich wie Fensterläden zur Seite. Das sieht witzig aus und ist praktisch, weil man in engen Parklücken weniger Platz benötigt. Komfortabel ist es auch. Zumindest, wenn man die automatischen Türen bestellt, die einem selbstständig entgegen schwingen, sich mit einem angedeuteten Fußtritt oder mit der Fernbedienung öffnen lassen.
Erster Mini mit maximalem Platzangebot
Innen erlebt man den Mini nun als maxi. Vor allem auf der Rückbank. Während man vorne nur um die Schultern herum vom neuen Format profitiert, schlagen in der zweiten Reihe auch die zwölf Zentimeter mehr Radstand zu Buche. Plötzlich können dort auch Erwachsene bequem sitzen. Vor allem kann jeder sein Gepäck mitnehmen. Denn mit 360 Litern Kofferraum liegt der Clubman auf einem Niveau mit Golf und Co. Und als wäre er ein ganz konventioneller Kombi, gibt es neben einem doppelten Ladeboden und Spießigkeiten wie Taschenhaken oder Gummizüge in den Flanken auch eine dreigeteilte Rückbank. Mit der lässt sich der Laderaum auf bis zu 1250 Liter erweitern.
Auch beim Fahren zeigt sich Mini von einer ganz neuen Seite: Mit noch einmal mehr Radstand als der Fünftürer erreichen die Briten eine Gelassenheit und einen Komfort, wie man ihn bislang nicht gekannt hat. Die Langstrecke auf der Autobahn oder die Pendelei zum Kindergarten - das geht jetzt auch ohne schmerzende Knochen und genervten Nachwuchs. Nur der jugendliche, bisweilen pubertäre, immer aber provozierende Übermut bleibt dabei auf der Strecke.
Go-Kart-Gefühlist passé
Zwar müht sich Mini redlich, die Mär vom Go-Kart-Feeling aufrecht zu erhalten. Doch viel mehr als das Röhren, Gluckern und Grollen des Auspuffs im Sport-Modus, die scharfe Lenkung und die bunten Comic-Raketen im großen Display bleiben davon nicht übrig. Dem Clubman fehlt es nicht an Elan. Erst recht nicht im Cooper S mit seinem 141 kW/192 PS starken Zweiliter-Motor. Immerhin scharrt er mit seinen bis zu 300 Newtonmeter so kräftig mit den Hufen, dass die Elektronik gut zu tun hat, bevor der Wagen in 7,1 Sekunden von 0 auf Tempo 100 beschleunigt und danach weiter stürmt bis 228 km/h. Doch statt giftig und gierig fühlt sich das jetzt gereift an. Die wilden Tage, so die Botschaft, sind erst einmal vorbei. Zumindest, bis irgendwann das Sportmodell John Cooper Works die aktuell je drei Benziner und Diesel umfassende Palette von 75 kW/102 PS bis 141 kW/192 PS abrundet.
Doch bei allem Sinn fürs Alltägliche, für Komfort und Gelassenheit hat sich Mini ein paar Spielereien bewahrt. Zwar haben die Designer diesmal ihre Fantasie auch für Nebensächlichkeiten wie Ablagen verwandt und die Ingenieure locken mit den ersten elektrisch verstellbaren Mini-Sitzen oder einer elektrischen Parkbremse. Aber es gibt eben auch wunderbar alberne Lichteffekte um das riesige Display. Man kann jetzt sogar die Türkonsolen in wechselnden Farben hinterleuchteten und wer tatsächlich eine Identitätskrise fürchtet, kann das Markenlogo mit LED-Spots auf die Fahrbahn projizieren.
Fazit: Ein gereifter Rebell
Eher praktisch als pfiffig, lieber komfortabel als kompromisslos und größer als alle anderen Minis vor ihm - viel von Mini ist am neuen Clubman nicht mehr geblieben. Doch das muss kein Fehler sein. Denn so reift der Rebell mit seinen Kunden und passt auch dann noch zu ihnen, wenn sie ihre PS-Pubertät so langsam abgelegt haben. Und alle anderen können ja einfach den Dreitürer kaufen - und weiter gegen die Langweiler aus der Kompaktklasse rebellieren.
Datenblatt: Mini Cooper SClubman
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke