Toyotas neues Brennstoffzellenauto heißt „Zukunft“
Tokio (dpa) - Bei der Hybrid-Technik war Toyota der Vorreiter der Autowelt. Jetzt preschen die Japaner mit einer neuen Technologie voran. Lässt der Branchenprimus die Konkurrenz auch bei der Brennstoffzelle stehen oder verspekuliert sich Toyota mit den „Fool Cells“?
Tokio (dpa) - Bei der Hybrid-Technik war Toyota der Vorreiter der Autowelt. Jetzt preschen die Japaner mit einer neuen Technologie voran. Lässt der Branchenprimus die Konkurrenz auch bei der Brennstoffzelle stehen oder verspekuliert sich Toyota mit den „Fool Cells“?
Übersetzt heißt Toyotas erstes Serienauto mit Brennstoffzelle „Zukunft“. Aber ob die Zukunft des Autos auch „Brennstoffzelle“ heißt, darüber lässt sich in der Branche noch trefflich streiten. Hohe Reichweite und schnelles Tanken, führen die Anhänger der Wasserstoff-Technologie an. Skeptiker warnen vor gewaltigen Kosten und fehlenden Tankstellen, die das Fahren ohne Abgas ausbremsen würden. Sie setzen eher auf dicke Batterien.
Dagegen will Toyota mit dem „Mirai“, so der japanische Name, ein deutliches Zeichen setzen - erst auf dem Heimatmarkt und 2015 dann auch in den USA und Europa. „Dies ist ein Auto, das alles miteinander verbindet, ohne Kompromisse einzugehen“, verkündete Konzernchef Akio Toyoda am Montag in einer Videobotschaft.
Doch mit den Kompromissen ist das so eine Sache. Zwar hält eine Tankfüllung mit knapp 500 Kilometer viel länger als Batterien der meisten E-Autos. Aber nur dank hoher Subventionen ist das Modell in Japan für umgerechnet 48 000 Euro zu haben. In Deutschland dürften es ohne Staatshilfen rund 30 000 Euro mehr werden.
Das ist für ein Modell der Mittelklasse ausgesprochen viel Geld - und für Volkswagens Japan-Chef Shigeru Shoji sogar ein Grund, warum ein Erfolg der Brennstoffzelle auf Toyotas Heimatland beschränkt bliebe. „Es mag in Japan funktionieren, aber nicht weltweit“, sagte er der Nachrichtenagentur Bloomberg Anfang September. Kein Wunder, sein Arbeitgeber setzt vor allem auf E-Autos mit Batterie sowie auf Plug-in-Hybride mit Elektro- und Verbrennungsmotor. Noch drastischer formuliert es Tesla-Chef und Elektro-Pionier Elon Musk: Statt des englischen „Fuel Cells“ nennt er die Brennstoffzellen „Fool Cells“ - „Idioten-Zellen“.
Tatsächlich steht hinter deren Alltagstauglichkeit noch ein Fragezeichen. In Deutschland gibt es laut Toyota nur 17 passende Tankstellen. Wo soll man den „Mirai“ dann überhaupt verkaufen? Niemand braucht ein Auto, mit dem er 100 Kilometer zum Tanken fahren muss. Immerhin: Mit drei Wasserstoff-Tankstellen könnte Hamburg für Taxi-Betriebe ein taugliches Pflaster sein. Und für Toyota ein wichtiges: Denn ein neues Auto muss oft auf der Straße zu sehen sein, um in das Bewusstsein potenzieller Kunden zu gelangen.
Dass diese Anlaufzeit viel Geld kostet, ist bei Toyota schon eingerechnet. „Wir denken in sehr langen Amortisationszyklen und haben dafür auch die Rückendeckung unseres Topmanagements“, sagte Chefentwickler Katsuhiko Hirose im Juni den „VDI Nachrichten“. Man hofft auf eine Absatz-Entwicklung wie bei der Hybridtechnik. Dort dauerte es zehn Jahre, bevor eine Million Stück des Prius verkauft waren. Inzwischen geht die Kurve aber steiler nach oben und steht bei mehr als sieben Millionen Autos weltweit. Kann die Brennstoffzelle diese Erfolgsgeschichte wiederholen?
Auf lange Sicht sehen viele Experten darin tatsächlich die beste Lösung für eine Autowelt ohne Benzin und Diesel. Nicht umsonst forscht Daimler mit Ford und Nissan an der Technik, will sie 2017 serienreif haben. BMW arbeitet sogar direkt mit Toyota zusammen. Doch um Emissionen kurzfristig zu senken und die CO2-Vorgaben der Europäischen Union bis 2021 zu erfüllen, liefern Plug-in-Hybride mit Ladekabel und Verbrennungsmotor die schnelleren Ergebnisse.
Aber selbst Toyotas schärfster Rivale Volkswagen hat die Technik nicht abgeschrieben. Das belegt diese Woche die Automesse in Los Angeles, wo die Japaner den „Mirai“ auf die Bühne fahren werden. Dort will auch VW seinen US-Passat mit Brennstoffzelle präsentieren. Zwar sehe man derzeit keinen Rahmen für einen Serieneinsatz, sagt ein VW-Sprecher. Man wolle aber zeigen, dass man diese „grundsätzlich hochinteressante“ Technik beherrsche. Denn wer weiß schon so genau, was die „Zukunft“ noch bringt.