Vor 30 Jahren startete der Audi Sport Quattro
Ingolstadt (dpa/tmn) - Der stärkste, der schnellste - und der teuerste: Als Audi vor 30 Jahren den Sport Quattro enthüllte, machte das Coupé fast jeden Stich. Das Vergnügen mit dem Homologationsmodell für die Rallye-WM war zwar kurz.
Doch vergessen ist er nicht.
Er war die Unvernunft auf Rädern: Außer Audi brauchte niemand den kantigen Sportwagen, der im September vor 30 Jahren auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt enthüllt wurde. Selbst für die Bayern war die Premiere anfangs nur lästige Formsache: Es waren nicht die Kunden, die so ein Auto haben wollten, sondern die Kommissare aus dem Rennsport. So hat Audi das geforderte Homologationsmodell für die Gruppe B der Rallye-WM gebaut - und so den legendären Sport Quattro auf den Weg gebracht.
Schon im Stand ist der Wagen eine Wucht: Die Karosserie auf 4,16 und der Radstand auf 2,23 Meter gekürzt, die Form so scharf und kantig, als hätten die Designer mit dem Skalpell gearbeitet. Das Serienmodell ist ein paar Zentner schwerer als die Rennversion - schließlich sollte die Kundschaft nicht auf Lederpolster, Sitzheizung oder elektrische Fensterheber verzichten. Doch dank des Motors aus Aluminium und der Karosserie aus kohlefaserverstärktem Kunststoff wiegt der Sport Quattro auch nur 1,3 Tonnen - damit hat der 225 kW/306 PS starke Fünfzylinder-Turbo leichtes Spiel.
Von null auf 100 sprintet der Wagen in weniger als fünf Sekunden und mit 250 km/h Spitzentempo stößt er in Regionen vor, an die Audi-Fahrer damals nicht im Traum gedacht haben. Das gilt allerdings auch für den Preis von anfangs 195 000 D-Mark. Damit war der Sport Quattro nicht nur eines der stärksten und schnellsten, sondern auch das mit Abstand teuerste deutsche Auto seiner Zeit.
Tritt man fest aufs Gas, prescht der Wagen ungestüm vorwärts. Mit seinem kurzen Radstand ist der Sport Quattro wendiger, als einem manchmal lieb ist. Schließlich war ABS damals das höchste der Gefühle und ESP noch nicht erfunden. Das Echo auf den „Kurzen“ war nach der IAA gewaltig: Die ersten Exemplare verkauften sich ein Jahr darauf wie von selbst, berichtet Michael Zentgraf vom internationalen Audi Sport quattro Club.
Doch nach der anfänglichen Begeisterung lief der Absatz eher schleppend. „Die Verkäufer waren schlicht überfordert mit einem Auto weit jenseits ihres üblichen Preisrahmens“, sagt Club-Präsident Zentgraf. Schon der drei Jahre ältere Ur-Quattro kostete rund 50 000 D-Mark. „Aber der Sport Quattro war sogar teurer als ein Porsche 911 Turbo. Und zwar genau zweimal so teuer.“
Audi beließ es bei 220 Exemplaren, verwarf die Pläne für eine Final Edition von noch einmal 50 Stück und machte schon 1985 Schluss mit dem Sport Quattro. Heute sind alle Autos in festen Händen, sagt Zentgraf. Und wenn mal einer verkauft wird, dann zu horrenden Preisen. „Einfach D-Mark streichen und Euro draus machen, dann hat man eine ungefähre Vorstellung vom Marktwert des Sport Quattro.“
Bei Audi weiß man, dass es Autos wie der Sport Quattro waren, die den Slogan „Vorsprung durch Technik“ prägten. „Die Erinnerung ist lebendiger denn je“, sagt Stephan Reil, der die Entwicklungsabteilung der Quattro GmbH leitet. Er und seine Mannschaft haben vor drei Jahren auf dem Autosalon in Paris plötzlich den „Qattro Concept“ enthüllt. Ebenfalls 1,3 Tonnen leicht und sogar 300 kW/408 PS stark, sollte er dort anknüpfen, wo der Sport Quattro aufgehört hat - fiel aber dem Rotstift zum Opfer. Im vergangenen September hat es die Quattro-Mannschaft noch einmal versucht und zum 30. Geburtstag des Sport Quattro auf der IAA eine weitere Studie enthüllt: einen Plug-in-Hybrid mit 515kW/700 PS.
„Doch so, wie wir das Auto auf der IAA gesehen haben, wird es sicher nie kommen“, macht ein Audi-Sprecher alle Hoffnungen zunichte. Aber vielleicht in einer anderen Variante. Vielleicht sollten die Bayern nicht auf die Rennsport-Kommissare warten, sondern auf die Kunden hören. Die jedenfalls würden den Neuen sofort kaufen. Selbst wenn es wieder der teuerste Audi aller Zeiten würde.