Was läuft wenn nichts mehr geht: Verhalten im Stau
Duisburg/Bonn (dpa/tmn) - Jeder steckte schon mal drin - viele Autofahrer benehmen sich aber im Stau, als wäre es für sie das erste Mal. Da wird gepöbelt, gedrängelt und alles noch schlimmer gemacht.
Experten erklären, was Fahrer bei Stillstand wirklich weiterbringt.
Irgendwo erwischt es die meisten Urlauber: Bei den Vorausfahrenden leuchten die Bremslichter auf, der Verkehrsfluss auf der Autobahn verlangsamt sich, dann geht gar nichts mehr. Ein echter Stimmungskiller auf dem Weg in die Ferien. Jeder Autofahrer kann aber dazu beitragen, Stillstand zu verhindern oder dass sich Staus möglichst schnell wieder auflösen.
Stauursachen: Reine Streckenüberlastung ist Ursache Nummer eins und Grund für rund zwei Drittel aller Staus auf Autobahnen. Hinzu kommen Baustellen und Unfälle. „10 bis 20 Prozent aller Staus entstehen aber durch menschliches Fehlverhalten“, sagt Prof. Michael Schreckenberg, Verkehrsforscher an der Universität Duisburg-Essen.
Typisches Beispiel: Jemand weiß an einem Autobahnkreuz nicht so recht wo er hin muss, verlangsamt die Fahrt schlagartig, nachfolgende Autos bremsen stark ab, und der Verkehr gerät ins Stocken. Würden alle möglichst flüssig fahren, ließen sich viele Staus vermeiden, erklärt Schreckenberg.
Staugefahr: Wenn der Live-Dienst im Navigationsgerät, die Schilderbrücken der automatischen Verkehrsregelung oder auch die Stimme im Radio vor Staus warnen, sollten Autofahrer das sehr ernst nehmen und hinter jeder Kurve mit dem Stauende rechnen, betont Sven Rademacher vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Das heißt: „Tempo anpassen, auf den Sicherheitsabstand achten - und wenn das Stauende in Sicht ist, den Warnblinker einschalten und die Fahrt möglichst gleichmäßig verlangsamen.“
Stopp-and-go: „Solange der Verkehr noch langsam rollt, schwimmen Sie am besten mit etwa zwei Wagenlängen Abstand locker mit - also nicht abrupt Gas geben oder bremsen. Und halten Sie möglichst nicht an“, empfiehlt Rademacher. Wer in dieser Situation zum Spurwechsel ansetzt, verschlimmere die Lage hinter sich nur.
Ist ein Spurwechsel zum Beispiel eingangs an Baustellen notwendig, weil eine Fahrspur endet, kommt es auf Teamgeist an: An der Stelle, an der die Spur zu Ende ist, sollte jeder auf der weiterführenden Spur ein Auto vor sich einfädeln lassen. „Leider haben dieses Reißverschluss-Verfahren noch nicht alle verinnerlicht“, bedauert Rademacher. Viele begingen auch den Fehler, nicht bis ganz ans Ende der gesperrten Spur zu fahren.
Stillstand: Wenn es gar nicht mehr weitergeht, bloß nicht die Nerven verlieren. „Klar bedeutet ein Stau Stress pur, vor allem wenn es draußen heiß und der Urlaubsort am Meer noch weit weg ist“, sagt Rademacher. „Aber gerade deshalb ist ein Stau nicht der richtige Ort für Zoff mit dem Partner oder den Kindern auf der Rückbank.“
Motorradfahrer könnten zwar problemlos zwischen stehenden Autos langsam weiterfahren, dürfen das aber nicht, betont Matthias Haasper vom Institut für Zweiradsicherheit. Das Durchfahren zwischen den Blechkolonnen gilt als unerlaubtes Rechtsüberholen - es drohen 100 Euro Bußgeld und drei Punkte in Flensburg.
Rettungsgasse: Damit Einsatzfahrzeuge zügig zu Unfallstellen durchkommen, müssen Fahrer eine Rettungsgasse freimachen. Und zwar sofort - nicht erst, wenn Martinshorn ertönt. „Auf zweistreifigen Autobahnabschnitten wird die Gasse in der Mitte gebildet, auf dreistreifigen Strecken zwischen der linken und der mittleren Spur“, erklärt Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa (ACE).
Stauumfahrung: Ab einer prognostizierten Staulänge von zwei bis drei Kilometern kann sich der Umweg über eine Umleitungsstrecke neben der Autobahn laut ACE-Sprecher Hillgärtner zeitlich rechnen. Auf die Idee, um Staus einen Bogen zu machen, kommen aber natürlich auch andere Fahrer - oder deren Navigationsgeräte.
Stauanfang: Sobald der Stauanfang erreicht und die Bahn wieder frei ist, sollten Autofahrer zügig losfahren, empfiehlt Sven Rademacher. Wenn ein Unfall die Stauursache war, warnt er vor Gaffern: „Die machen plötzlich unberechenbare Fahrmanöver, um möglichst viel mitzubekommen.“