Der Verkehrswert ist entscheidend

Erben müssen mit Steuerzahlungen rechnen. Einfach hinnehmen muss man die Bewertung der Finanzbehörden aber nicht

(tmn) Wer eine Immobilie erbt, muss sich darauf einstellen, Erbschaftsteuer zu zahlen. Die Höhe hängt vom Verkehrswert ab. Aber wie wird dieser ermittelt? Und von wem?

„Grundsätzlich ermittelt das zuständige Finanzamt den Wert der Immobilie“, erklärt Wolfgang Wawro vom Deutschen Steuerberaterverband. Die Behörde bestimmt nach einem festgelegten Verfahren den Verkehrswert. Das ist der Betrag, der sich bei einem Verkauf der Immobilie erzielen ließe Entscheidend ist dabei das Todesdatum des Erblassers.

Zunächst prüfen die Beamten, um welche Art Immobilie es sich handelt, und entscheiden sich danach für das passende Bewertungsverfahren. „Für bebaute Grundstücke gibt es drei verschiedene Verfahren“, erklärt Expertin Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler.

„Für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen kommt vorrangig das Vergleichswertverfahren zur Anwendung“, so Klocke. Dabei werden realisierte Kaufpreise vergleichbarer Objekte herangezogen. Zugrunde gelegt werden Grundstücksgröße, Baujahr, Lage, Wohnfläche und Ausstattung.

„Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich eine ortsübliche Miete ermitteln lässt, werden nach dem Ertragswertverfahren bewertet“, erläutert Isabel Klocke. Dabei wird der Bodenrichtwert zugrunde gelegt und darauf noch der sogenannte Rohertrag hinzugerechnet. Der ergibt sich aus den zu erwartenden jährlichen Mieteinnahmen abzüglich der Bewirtschaftungskosten, der Restnutzdauer sowie dem Liegenschaftszins.

Gut zu wissen: „Für Immobilien, die zu Wohnzwecken vermietet sind, wird ein Abschlag von zehn Prozent auf den ermittelten Verkehrswert gewährt“, ergänzt Klocke mit Blick auf die letztlich anfallende Erbschaftssteuer.

Sind keine Vergleichswerte vorhanden und fallen auch keine ortsüblichen Mieten an, wird das Sachwertverfahren angewendet. Dabei werden Bodenrichtwert und Gebäudesachwert zugrunde gelegt – letzterer hängt vom Alter und der Bauart des Gebäudes ab.

„Diese drei Bewertungsarten beziehen sich aber allesamt nur auf das Gebäude. Das darunter liegende Grundstück wird extra bewertet, und zwar nach der Größe seiner Fläche und dem Bodenrichtwert“, stellt Klocke klar. Fällt die Einschätzung des Finanzamtes höher aus als erwartet, können Erben gegen den Bescheid Einspruch einlegen und von einem Steuerberater oder unabhängigen Sachverständigen prüfen lassen. Die Kosten dafür können in der Steuererklärung geltend gemacht werden.

In vielen Fällen kommt es aber gar nicht so genau darauf an, ob das Finanzamt den Verkehrswert der Immobilie ganz exakt bewertet. „Für erbende Kinder gibt es hohe Freibeträge“, so Steuerberater Wawro. Konkret hat jedes Kind einen Freibetrag von 400.000 Euro pro Elternteil. Dieser Freibetrag gilt zehn Jahre lang – und kann danach erneut ausgeschöpft werden.

(dpa)