Kolumne Die Sinfoniker laden zu einem schaurigen Konzert

Eine selten zu hörende Chorballade von Antonin Dvořák erklingt im zweiten Chorkonzert der Niederrheinischen Sinfoniker. Im Auftrag des Birmingham-Musical-Festivals 1885 komponiert, ist „Die Geisterbraut“ letztendlich die Vertonung eines in ganz Europa verbreiteten Schauermärchen-Stoffes.

Es handelt von einem verwaisten Mädchen, das jahrelang auf seinen verschollenen Geliebten wartet. Er erscheint ihr schließlich als Höllenbräutigam und versucht, sie zu einer Mitternachtshochzeit auf dem Friedhof zu überreden. Es beginnt ein wilder Ritt durch modrige Sümpfe voller Geister und heulender Tiere. Bei jeder Wegbiegung ermuntert er sie, Zeichen ihres Glaubens abzulegen. Zuerst ihr Gebetsbuch, dann ihren Rosenkranz und schließlich das goldene Kreuz, das sie von ihrer Mutter geerbt hatte, werden nacheinander vom Geist weggeworfen. Schließlich ist es der Glaube des Mädchens, der es am Ende rettet.

Die Gespensterballade besteht aus einem Tumult der Gefühle zwischen Sehnsucht, Hoffnung, Verzweiflung, Grauen — und am Ende Erleichterung. Johannes Schwärsky verkörpert bei der Aufführung der Niederrheinischen Sinfoniker den Erzähler, der mit seiner dunklen Gesangstimme im Dialog mit dem Niederrheinischen Konzertchor die Geschichte zum Leben erweckt. Judith Spießer war am Theater Krefeld zuletzt als umjubelte Königin der Nacht in der „Zauberflöte“ zu hören, jetzt verleiht sie der Braut, welche um ihre Liebe und das Leben kämpft, ihre Sopranstimme. Der am Niederrhein beliebte und geschätzte Tenor Kairschan Scholdybajew als Höllenbräutigam rundet die Solistenriege ab. Was das Konzert außerdem so besonders macht, ist, dass Dvořáks grandiose Partitur von der Künstlerin Anne Löper mit fließendem Sand auf Leinwand sichtbar gemacht wird. Die Bilder entstehen parallel zu der Geschichte und geben der Aufführung eine weitere Dimension.