Alles nur Richtwerte - Altersangaben für Computerspiele
Mainz (dpa/tmn) - Die Alterseinstufungen für Computerspiele sind für Eltern ein Orientierungswert. Doch Kinder interessieren sich meist für Spiele, für die sie noch zu jung sind. Wie sollen Mutter und Vater dann reagieren?
Mainz (dpa/tmn) - Die Alterseinstufungen für Computerspiele sind für Eltern ein Orientierungswert. Doch Kinder interessieren sich meist für Spiele, für die sie noch zu jung sind. Wie sollen Mutter und Vater dann reagieren?
„Dracula 4 - Shadow of the Dragon“ hat gerade die Freigabe für Spieler ab 12 Jahren bekommen, „Leisure Suit Larry: Reloaded“ erst eine ab 16. Für Kinder sind oft solche Spiele attraktiv, für die sie noch nicht alt genug sind, erklärt Jochen Wahl, Diplom-Psychologe und Medienexperte der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke). Eltern sollten dann gemeinsam mit dem Kind überlegen, ob das Spiel infrage kommt.
Woher kommen die Altersangaben auf Computerspielen?
Antwort: Die Altersangaben kommen von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle USK, die von der Computerspielewirtschaft als Gesellschafter finanziert wird. Die Verantwortung für die Einschätzung der Spiele liegt aber nicht nur bei der Industrie. In den Gremien sitzen zum Beispiel auch Jugendschutzbeauftragte. Und die Sichter, die sich die Spiele anschauen, sind entsprechend geschult.
Können sich Eltern auf die Alterseinstufung verlassen?
Antwort: Es ist eine verlässliche Orientierung, aber auch nicht mehr als ein Richtwert für Eltern. Wenn die USK sagt, das Spiel hat jugendgefährdende Aspekte, sollte man das ernst nehmen. Aber wenn es dem Kind trotzdem sehr wichtig ist, sollte man sich gemeinsam darüber informieren und dann absprechen, ob und wie lange es gespielt werden darf.
Sind die Altersangaben ein effektiver Schutz?
Antwort: Kinder und Jugendliche können auf jeden Fall an die Spiele kommen, die sie haben wollen, auch wenn sie jünger sind als die Altersfreigabe. Oft wissen die Kinder, wie das geht, aber die Eltern nicht. Es gibt im Internet zum Beispiel Plattformen, die Spiele vertreiben, auch Versionen, die in Deutschland nicht zu bekommen sind. Jugendliche können sie sich zum Beispiel von Freunden schenken lassen, die im Ausland wohnen. Oft werden Spiele umso attraktiver, je höher die Altersbeschränkung ist.
Was machen Eltern, wenn Kinder unbedingt so ein Spiel haben wollen?
Antwort: Das ist auf jeden Fall eine pädagogische Herausforderung, bei der Erziehungskompetenz gefragt ist. Kinder argumentieren oft „Ich will das spielen, das spielen doch alle“. Eltern sollten sich dann fragen, ob sie das Spiel akzeptieren können und ihre eigene Haltung dazu klären. Man kann sich zum Beispiel auf YouTube den Trailer dazu angucken. Wichtig ist, mit dem Kind zu sprechen: „Warum willst du das spielen?“ Geht es nur um Abenteuerlust oder liegt der Reiz zum Beispiel im Multiplayer-Modus und gemeinsamen Zocken mit Freunden? In der Regel sind die Kinder eher gefährdet, die alleine vor dem Bildschirm sitzen und deren Eltern nicht wissen, was ihre Sprösslinge tun.
Was ist überhaupt das Problem?
Antwort: Die Generation unserer Großeltern hat Hitchcock geguckt. Das Spannende an den Filmen war gerade, dass man gesehen hat, wie die Uhr tickt, aber nicht, wie die Bombe explodiert. Heute wird Gewalt oft explizit gezeigt. Und viele Spiele sind inzwischen fast fotorealistisch. Wie deutlich Gewaltszenen im Vordergrund stehen, also ob Blut spritzt und Körperteile abgeschossen werden können, ist ein wichtiges Kriterium für die Altersfreigabe.
Wo sind die Grenzen?
Antwort: Gerade in der Pubertät sollte eine gewisse Zeit für soziale Kontakte, aber auch für Hausaufgaben reserviert sein. Wenn die Spiele das einzige Thema sind, wird es kritisch. Der Grundsatz lautet: „Real life geht vor“. Und das heißt, Medien sind ein Teil der Freizeitgestaltung, aber eben auch nur ein Teil davon.