Analyse: Bei Ebay unter falscher Flagge

Karlsruhe (dpa) - „Ich war's nicht!“ - Mit diesem Satz könnten Verkäufer bei Ebay künftig versuchen, aus unglücklich verlaufenen Auktionen wieder herauszukommen. Wie der Bundesgerichtshof am Mittwoch entschieden hat, haften Ebay-Kunden nicht, wenn jemand anderer unter ihrem Namen Angebote ins Internet stellt.

Der Inhaber eines Ebay-Kontos muss es sich nicht zurechnen lassen, wenn jemand ohne sein Wissen das Konto für eine Internet-Auktion nutzt, so der BGH. Das gelte auch dann, wenn er die Zugangsdaten nicht sorgfältig aufbewahrt hatte (Az. VIII ZR 289/09).

Allgemein gilt der Grundsatz: Wenn jemand unter fremdem Namen handelt, ist der „echte“ Namensträger nur dann daran gebunden, wenn er die Sache entweder genehmigt hat oder ihm das Angebot zuzurechnen ist - etwa, weil er weiß, dass der Andere in seinem Namen auftritt und das schon eine Weile duldet. „Wenn jemand nur einmal in meinem Namen ein Angebot abgibt, ist das aber nicht der Fall“, sagt der Hamburger Rechtsanwalt und Informationsrechts-Experte Martin Munz von der Kanzlei White & Case. „Dieser Grundsatz gilt im Internet genauso wie draußen.“

Sonderregeln für Internet-Auktionen, wie der Klägervertreter sie forderte, wollten die BGH-Richter nicht einführen. Auch aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ebay ergebe sich nichts anderes. Darin heißt es: „Mitglieder haften grundsätzlich für sämtliche Aktivitäten, die unter Verwendung ihres Mitgliedskontos vorgenommen werden.“ Dies, so der BGH, gelte aber nur zwischen Ebay und dem Inhaber des Mitgliedskontos - nicht jedoch im Verhältnis der Nutzer untereinander.

„Grundsätzlich liegt die Beweislast für das Zustandekommen eines Vertrags bei dem, der sich auf den Vertrag beruft - hier also beim Käufer“, sagt Munz. Das allerdings dürfte in vielen Fällen schwierig werden. „Es handelt sich hier um Vorgänge aus der Sphäre des Anbieters. Er müsste deshalb zumindest erklären, warum nicht er selbst sein Konto genutzt hat.“

Diese Frage allerdings wurde in der Verhandlung vor dem BGH nicht weiter diskutiert. Möglicherweise werden die Richter dazu etwas in den schriftlichen Urteilsgründen sagen, die voraussichtlich in einigen Wochen bekanntgegeben werden. „Ansonsten“, sagt Munz, „könnten Anbieter sich künftig einfach damit herausreden, dass sie sagen: Ich war's nicht.“ Diese Sorge hat man bei Ebay allerdings nicht. „In der Regel wollen die Leute ihre Artikel verkaufen“, sagt eine Unternehmenssprecherin. „Deshalb passiert so etwas nur ganz selten.“

Selbst wenn der Kontoinhaber nicht haftet, bedeutet dies übrigens nicht, dass der Käufer ganz leer ausgehen muss, sagt Munz: „Derjenige, der das Angebot unbefügt eingestellt hat, haftet wie ein Vertreter ohne Vertretungsmacht - wenn man ihn findet.“ Das bedeutet nach dem Gesetz: Er muss entweder den Vertrag selbst erfüllen oder Schadenersatz leisten.

Anders sieht die Situation übrigens aus, wenn das Angebot Urheber- oder Markenrechte verletzt - etwa, weil gefälschte Markenuhren oder Schmuck angeboten werden. Nach einer BGH-Entscheidung eines anderen Senats haftet der Inhaber in diesen Fällen für die Rechtsverletzung, wenn er die Zugangsdaten nicht ausreichend gesichert hat. „Insofern muss ich doch darauf aufpassen, dass andere mit meinem Konto keinen Quatsch anstellen“, sagt Munz. Allerdings ist der Kontoinhaber in diesen Fällen nur verpflichtet, die Störung in Zukunft zu unterlassen - nicht aber zum Schadenersatz.