Analyse: Digital-Zeitung „The Daily“ am Ende
New York (dpa) - „The Daily“ sollte die Zeitung der Zukunft werden: Rein digital, extra produziert für Tablet-Computer wie das iPad. Doch das teure Experiment schlug fehl.
Die „Daily“ erreichte nie die nötigen Abonnenten-Zahlen oder genug Werbeeinnahmen, um ihre Kosten zu decken. Jetzt zieht Medien-Mogul Rupert Murdoch mit der letzten Ausgabe am 15. Dezember den Stecker. Zeitungsmann Murdoch hielt immerhin fast zwei Jahre durch.
Schon bei der großen Vorstellung im Februar 2011 wurde klar, dass es hier um viel Geld geht. Murdoch hatte rund 30 Millionen Dollar in den Aufbau des Prestigeprojekts investiert.
Er legte Wert darauf, dass die „Daily“ eine komplett eigene Redaktion bekam und nicht nur ein Digital-Ableger anderer Blätter des Verlagshauses war. Die laufenden Kosten lagen nach Angaben zum Start bei rund einer halben Million Dollar pro Woche. Dabei buhlte die „Daily“ mit Kampfpreisen um Leser: Ein Wochen-Abo kostete 99 US-Cent und ein Jahres-Abo knapp 40 Dollar. Nach Angaben von Sommer gab es aber nur 100 000 zahlende Abonnenten.
„Seit dem Start war "The Daily" ein mutiges digitales Experiment“, erklärte Murdoch zum Abschied. Es sei aber nicht gelungen, ausreichend Leser zu gewinnen, um sie auf Dauer zu betreiben. Die Probleme waren schon länger unübersehbar.
Bereits im August gab es eine Sparrunde, bei der 50 der zuvor 170 Arbeitsplätze wegfielen. Außerdem konnte man sich die Zeitung ab da nicht mehr um waagerechten Format ansehen. So sollte der technische und redaktionelle Aufwand für das alternative Layout gesenkt werden.
Nicht unumstritten war von Anfang an das Konzept der „Daily“: Sie war als eine klassische Zeitung denn als eine sich ständig verändernde Website angelegt. Die mehrere Dutzend Seiten starken Ausgaben werden jeden Morgen auf das Tablet geladen und nur spärlich aktualisiert.
Dafür sollten Multimedia-Inhalte wie Videos, große Bilder oder interaktive Grafiken die Vorteile gegenüber einer gedruckten Zeitung betonen. Zunächst gab es die „Daily“ nur für das iPad, im Januar 2012 kam eine Version für einige Tablets mit dem Google-Betriebssystem Android hinzu.
„Neue Zeiten brauchen neuen Journalismus“, hatte Murdoch plakativ bei „Daily“-Vorstellung erklärt. Der 81-Jährige, der sein Medienimperium als Zeitungsverleger und Eigentümer von TV-Stationen geschmiedet hatte, bleibt damit weiter glücklos im digitalen Geschäft. Schon der Kauf des inzwischen wieder abgestoßenen Online-Netzwerks MySpace für mehr als 500 Millionen Dollar brachte ihm hohe Verluste ein.
Von der Erfahrung mit „The Daily“ sollen nun die anderen Titel des Verlags profitieren, hieß es. Ihr Herausgeber Greg Clayman soll künftig die weltweite Digital-Strategie beaufsichtigen und der erste „Daily“-Chefredakteur Jesse Angelo wird Herausgeber der „New York Post“. Dem New Yorker Boulevard-Blatt sollen auch die Infrastruktur und zumindest ein Teil der Mitarbeiter zugeschlagen werden.