App-Streit: Verleger will Verlässlichkeit von ARD/ZDF

Dortmund (dpa) - Weitere Gespräche mit ARD und ZDF über Texte in der „Tagesschau“-App und anderen digitalen Angeboten machen aus Sicht der Zeitungsverleger derzeit keinen Sinn.

Christian Nienhaus, der Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Verlegerverbands ZVNRW, kritisierte am Donnerstag in Dortmund, die öffentlich-rechtlichen Sender hätten bei den Gesprächen in den vergangenen Wochen mehrfach bereits erzielte Einigungen wieder infrage gestellt. „So kann man nicht verhandeln, und so werden wir auch nicht weiter verhandeln“, sagte Nienhaus bei der Jahreshauptversammlung des ZVNRW.

Nienhaus, Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe, hatte vor knapp einem Jahr die Klage von acht Verlagen gegen die kostenlose „Tagesschau“-App verkündet. Die Verleger betrachten diese Anwendung für Smartphones und Tablet-Computer als unfaire Konkurrenz, da die App mit langen Texten „presseähnlich“ sei. Gespräche mit ARD und ZDF über einen Vergleich waren am Montag gescheitert. Der nächste Verhandlungstermin vor Gericht sei nun am 19. Juli, sagte am Donnerstag ein Sprecher des Kölner Landgerichts. Eine Entscheidung werde dabei voraussichtlich noch nicht getroffen.

Nienhaus wiederholte den Vorwurf, dass ARD und ZDF mit Gebührengeldern kostenlose Textangebote finanzierten, die es den Zeitungen schwerer machten, mit Qualitätsjournalismus Geld zu verdienen. „Die Apps sind für uns ein ganz wichtiger Einstieg aus der Kostenfreiheit heraus in eine Kostenpflicht im Netz“, sagte Nienhaus. Gerade bei den Apps sei ein System entstanden, bei dem die Nutzer bereit seien, für Inhalte zu zahlen.

NRW-Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann (SPD) kritisierte ARD und ZDF für ihre Gesprächsführung. Das Scheitern sei aber hoffentlich nur vorläufig: „Es gibt viele interessante Wege, wie man Traffic von den Seiten der Öffentlich-Rechtlichen auf die Seiten von Regionalzeitungen bringen kann“, sagte Eumann bei einer Diskussion während der ZVNRW-Tagung. Armin Laschet (CDU) riet ARD und ZDF, sich auf ihren Kernauftrag zu beschränken: „Dann wäre auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter Wettbewerbsgesichtspunkten in Europa nicht dauernd in der Schusslinie.“ Ralf Witzel (FDP) bestand auf dem Grundsatz „Privat vor Staat“, wenn es private Anbieter gebe.

Die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin und Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) sagte, die gute Nachricht sei, dass der Markt für Inhalte wachse: „Die Aufmerksamkeit des Publikums ist die entscheidende Währung des Medienmarkts. Content ist King - oder Queen - und Sie sind die Königs- oder Königinnenmacher.“

Nienhaus zeigte sich zuversichtlich, dass die gedruckte Zeitung auch in Zukunft ein wichtiges Medium bleibe. 68 Prozent der Deutschen über 14 Jahren schauten regelmäßig in eine Tageszeitung, sagte Nienhaus. Allerdings gehe die Auflage weiter zurück, in NRW in den vergangenen zwölf Monaten um 3,3 Prozent auf knapp drei Millionen Zeitungen täglich. „Wir sind also immer noch nicht klein, aber was uns Sorge macht, ist das Abbröckeln.“

Auch der Umsatz durch Anzeigen in den Tageszeitungen sinke. Nienhaus schlug vor, sich mehr um Markenartikel- und Konsumgüterwerbung zu bemühen und dafür an einer gemeinsamen Plattform der Zeitungsverlage zusammenzuarbeiten. „Wir sind nur schwer zu buchen für die Mediaagenturen. Und wir müssen darüber reden, ob wir da nicht Abhilfe schaffen können“, sagte Nienhaus.

Nienhaus forderte die Verlage dazu auf, mehr Frauen in Spitzenpositionen zu bringen. Es sei besser, das aus eigenen Stücken zu tun, als eine gesetzliche Reglementierung zu riskieren. „Wir müssen dafür sorgen, dass Frauen, wenn sie Kinder bekommen, dadurch nicht im Berufsleben zurückgeworfen werden.“

Die Jahreshauptversammlung bestätigte Nienhaus als Vorsitzenden des ZVNRW; er war erstmals vor zwei Jahren an die Spitze des Verbandes gewählt worden. Nun wurde Nienhaus ebenso wiedergewählt wie seine Stellvertreter Lambert Lensing-Wolff („Ruhr Nachrichten“) und Helmut Heinen („Kölnische Rundschau“). Heinen ist zugleich Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger BDZV.