Unternehmen nicht unter Druck Apple-Chef spielt auch in der Talfahrt eine ruhige Hand
Cupertino (dpa) - Apple ist bekannt dafür, ein Geheimnis aus seinen Zukunftsplänen zu machen. Nach dem ersten Geschäftsjahr mit einem Umsatzrückgang in 15 Jahren witterten unterdessen selbst hartgesottene Branchenanalysten die Chance, Konzernchef Tim Cook mehr als sonst zu entlocken.
So fiel Gene Munster von der Investmentbank Piper Jaffray, der einst lange vergeblich einen Apple-Fernseher herbeiredete, gleich bei der ersten Frage in der vierteljährlichen Analystenkonferenz mit der Tür ins Haus. Was könnten denn die Stärken von Apple in der Autobranche sein, wollte er mit Blick auf die fortlaufenden Spekulationen über Pläne des iPhone-Konzerns für ein Elektromobil wissen.
Cook schien zwischendurch kurz zu kichern und tanzte sich mit vagen Worten von einer verbindlichen Antwort frei. Es gebe viele Technologien, die das Auto-Erlebnis revolutionieren könnten, sagte er. Aus diesem Blickwinkel heraus sei das Geschäft interessant. „Aber heute gibt es ganz bestimmt nichts anzukündigen.“ Die Antwort war so formuliert, dass es auch um Apples Carplay-Plattform zur besseren Einbindung von iPhones im Auto gehen könnte - oder um Software für autonomes Fahren, die der Konzern nach jüngsten Berichten angeblich entwickelt.
Auch spätere Vorlagen, eine Perspektive für das Wachstum bei Apple aufzuzeigen, ließ Cook mit dem üblichen Pokerface verstreichen.
Warum der Sprung in den Entwicklungsausgaben sich nicht im Umsatz niederschlage? „Produkte in der Entwicklung.“ Position zu Übernahmen, nachdem der Telekom-Riese AT&T sich den Medien-Konzern Time Warner schnappte, auf den laut Medienberichten zwischenzeitlich auch Apple ein Auge geworfen haben soll? „Wir sind offen für Zukäufe jeder Größe, die von strategischem Wert sind.“
Irgendwann wollte ein Analyst beinahe schon verzeifelt wissen, ob Apple überhaupt einen konkreten Plan für die nächsten Jahre habe oder einfach nur schnell auf neue Entwicklungen einschwenken wolle. Cooks eiskalte Antwort: Apple habe eine klare Vorstellung davon, wo die Reise hingehe - und wolle zugleich für Anpassungen flexibel bleiben.
Auf den ersten Blick ist Apple nicht so recht unter Druck. Der Gewinn im vergangenen Quartal mag von 11,1 auf 9 Milliarden Dollar abgesackt sein - aber auch das ist noch ein Betrag, von dem die meisten Unternehmen nicht einmal träumen. Und die Geldreserven schwollen um weitere gut sechs Milliarden auf 237,6 Milliarden Dollar an.
Doch die Tech-Branche ist ein Geschäft, in dem man sich nie entspannt zurücklehnen darf und sie durchlebt gerade ihren nächsten Wandel mit Computer-Assistenten auf Basis künstlicher Intelligenz. Sie sollen auf Zuruf des Nutzers alle möglichen Aufgaben erledigen können und stecken in vernetzten Lautsprechern wie Amazon Echo oder Google Home. Apple hat in dem Bereich seine Assistentin Siri schon seit Jahren im Rennen, erst auf dem iPhone und inzwischen auf allen Geräten. Doch vielen - wie dem renommierten Tech-Journalisten Walt Mossberg - erscheint Siri dem neuen Google Assistant unterlegen.
Und auch insgesamt könnte sich das Geschäft verändern, wenn die Geräte nur noch zu einem Kommunikationskanal mit der künstlichen Intelligenz werden. „Das könnte die Bedeutung der Hardware verringern“, sagt Analyst Ranjit Atwal von der Marktforschungsfirma Gartner. Und Apple macht sein Geld nach wie vor mit Geräten - vor allem mit dem iPhone, auch wenn die Service-Umsätze mit iCloud, iTunes und anderen Diensten ständig zunehmen.
Die Verkäufe des iPhones gingen im vergangenen Quartal allerdings erneut um fünf Prozent zurück auf 45,5 Millionen Geräte. Von neuen iPhone 7 verkaufe Apple derzeit aber jedes verfügbare Gerät und komme bei der Nachfrage immer noch nicht hinterher, betonte Cook. Apple spielt dabei auch in die Hände, dass sich der große Wettbewerber Samsung mit dem Debakel um sein feuergefährliches Galaxy Note 7 einen nicht erwarteten Patzer geleistet hat.
Cook erwähnt den Konkurrenten aus Südkorea aber nicht einmal, sondern spielt lieber die Datenschutz-Karte, um sich von der Konkurrenz abzuheben: Es stimme nicht, dass man seine Privatsphäre aufgeben müsse, damit die Assistenten mit künstlicher Intelligenz einem nützlich sein könnten.