Aufregung um Speicherung von Handy-Daten
Berlin/München (dpa) - Datenschützer werfen deutschen Mobilfunk-Anbietern vor, zu viele Kundendaten zu lange zu speichern. Die Unternehmen betonen, im Rahmen der Gesetze zu handeln und die Informationen nur für technische Zwecke und die Abrechnung aufzubewahren.
Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar betonte, er habe keine „nachvollziehbaren Hinweise“ für eine Vorratsdatenspeicherung. Die neue Diskussion wurde am Mittwoch von einem Bericht der „Berliner Zeitung“ ausgelöst. Unter Berufung auf eine Aufstellung der Münchner Generalstaatsanwaltschaft hieß es, große Anbieter wie T-Mobile, Vodafone und E-Plus speicherten mindestens einen bis sechs Monate lang, welcher Mobilfunkkunde wann aus welcher Funkzelle wie lange mit wem telefoniert hat. Von der Zeitung befragte Datenschützer kritisierten, die Unternehmen verstießen damit gegen die Vorgaben des Verfassungsgerichtsurteils zur Vorratsdatenspeicherung.
Die Mobilfunk-Anbieter wiesen die Vorwürfe zurück. „Wir verstehen die ganze Aufregung nicht“, hieß es etwa bei Vodafone. „Es ist eine lange gängige Praxis, die mit dem Datenschutzbeauftragten abgesprochen ist.“ Auch eine Telekom-Sprecherin betonte: „Der Vorwurf ist unsererseits nicht nachvollziehbar.“ Ein E-Plus-Sprecher sagte: „Eine auch nur "begrenzte" Vorratsdatenspeicherung im Sinne der durch das Bundesverfassungsgericht untersagten Praxis findet nicht statt.“
Laut Telekommunikationsgesetz können Anbieter Verbindungsdaten bis zu sechs Monate lang speichern, soweit dies technisch oder für die Abrechnung nötig ist. Genau darauf berufen sich die Netzbetreiber. Zum Beispiel wenn ein Kunde später seine Mobilfunk-Rechnung beanstande, könnte es nötig sein, Verbindungsdaten oder Informationen über seinen Standort an einem bestimmten Tag nachzuschlagen. Oder wenn für bestimmte Tarifmodelle ermittelt werden müsse, ob der Kunde im Umkreis seines Wohnorts noch zu Festnetz-Konditionen mit dem Handy telefonieren dürfe.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar betonte das Recht der Anbieter, Verbindungsdaten bis zu sechs Monate für Abrechnungszwecke zu speichern. „Nach meinen Erkenntnissen aus den Beratungen und Kontrollen halten sich die Telekommunikationsunternehmen grundsätzlich an diese Vorgaben“, teilte er mit. Welche Daten abrechnungsrelevant seien, werde von ihm kritisch hinterfragt.
In Branchenkreisen wird allerdings auch eingeräumt, dass diese innerbetriebliche Speicherung einen Nebeneffekt haben kann: Müssen die Anbieter ihre Informationen auf richterlichen Beschluss für Ermittlungsbehörden öffnen, gehören auch diese Daten dazu.
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, ein Zusammenschluss von Datenschutz-Aktivisten, schlug Alarm. „Die illegale Kommunikations- und Bewegungsdatenspeicherung der deutschen Telekommunikationsbranche bringt Millionen von Menschen in die Gefahr strafrechtlicher Ermittlungen, weil sie zufällig am falschen Ort waren oder mit der falschen Person telefoniert haben“, kritisierte Arbeitskreis-Mitglied Patrick Breyer. „Die Datenberge schaffen auch die permanente Gefahr von Datenpannen und Datenverkauf.“
Die Datenschützer sehen in dem Vorgehen der Netzbetreiber eine illegale Fortsetzung der Vorratsdatenspeicherung, die 2010 vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden war. Ein politischer Streit verhinderte bisher eine Neuregelung. Der Arbeitskreis forderte den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar auf, die Unternehmen mit einem Bußgeld zu belegen.