Basteln gegen die Wegwerfgesellschaft: Zu Besuch im Repair Café

Berlin (dpa/bb) - Mit Schraubenzieher und Lötkolben gegen den Wegwerfwahn - Repair Cafés scheinen im Trend: Bürger helfen sich gegenseitig bei der Reparatur von Alltagsgegenständen, die sonst im Müll landen würden.

Der Widerstand gegen die Wegwerfgesellschaft trifft sich in einem dunklen Hinterhof in Berlin-Kreuzberg. Dichtes Gedränge herrscht hier, auf den Tischen liegen Elektrogeräte, die andere wohl längst aufgegeben hätten. Es wird über Schaltkreise und Billig-Technik gefachsimpelt. Dazu gibt es Kaffee und Kuchen.

Angela hat ihren kaputten CD-Spieler mitgebracht. 20 Jahre sei das Gerät wohl alt, nun gab es den Geist auf. „Aber ich will, dass es wieder geht“, sagt die 53-Jährige trotzig wie ein Kind. Mechaniker Mike ist ganz angetan von dem alten Discman: „Das ist ja ein schönes Teil. Kriegen wir auch wieder hin“, versichert er und greift zum Werkzeugkasten.

Mike ist Entwicklungsingenieur, heute arbeitet er als ehrenamtlicher Mechaniker im Kreuzberger Repair Café. „Wegwerfen? Denkste!“ - unter diesem Motto kommen in Deutschland immer mehr Menschen zusammen, um gemeinsam ihre defekten Gebrauchsgegenstände zu reparieren. Die Repair-Bewegung könnte ein Trend werden, allein in Berlin eröffneten seit Jahresbeginn vier dieser Anlaufstellen zur Vermeidung von Elektroschrott. Aber Repair Cafés gibt es auch in Aachen, Darmstadt, Hamburg, Wiesbaden, Wolfenbüttel und anderen Städten.

Kaufen, benutzen, wegwerfen: Elektroschrott wird global ein immer größeres Problem. Nach jüngsten Angaben der Vereinten Nationen fallen weltweit pro Jahr bis zu 50 Millionen Tonnen Elektroschrott an, von denen lediglich zehn Prozent recycelt werden.

Idee der Repair-Bewegung sei es, Abfall zu vermeiden und der Konsumgesellschaft etwas entgegenzusetzen, sagt Elisa Garrote. Die 36-Jährige ist die Organisatorin des Kreuzberger Repair Cafés. Anfang 2013 wurde das Café vom Verein „Kunst-Stoffe Zentralstelle für wiederverwendbare Materialien“ gegründet.

Vor kurzem gewann der Verein den Berliner Umweltpreis des BUND. Die Philosophie, die hinter dem Repair-Café stehe, sei ebenso einleuchtend wie umweltverträglich, hieß es: „Es geht darum, den Lebenszyklus von Produkten zu verlängern und gleichzeitig ein umweltbewussteres Konsumverhalten zu fördern.“ Nebenbei biete das Repair-Café einen Ort des sozialen Austausches und fördere Kreativität und handwerkliches Know-how.

Es sei doch so, erklärt Garrote: Elektrogeräte gebe es heute in jedem Haushalt. Immer wieder gehe da etwas kaputt. Aber die Leute trauten sich nicht mehr, Dinge selbst zu reparieren oder ihre Mitmenschen um Hilfe zu fragen. Stattdessen landeten die Geräte beim kleinsten Defekt auf dem Müll - und die Leute kauften sich im Geschäft einen neuen Ersatz. „Die Reparatur-Kultur ist fast tot“, meint Garrote.

Angela hätte sich auch von ihrem CD-Player trennen und sich einen modernen MP3-Player kaufen können. Aber das lehnt sie ab: „Ich bin immer auf der Suche nach Dingen, die man wiederverwerten kann“, sagt die Kreuzbergerin. Zum Beispiel im Nachbarschaftsgarten, den sie mit Freunden bewirtschaftet: Dort hätten sie Kompostkästen aus Wassermelonen gebaut. Und Rankgitter aus alten Bettgestellen. „Nicht um Geld zu sparen“, sagt Angela. „Sondern aus Prinzip.“

Mechaniker Mike hat inzwischen entdeckt, was das Problem von Angelas defektem CD-Spieler ist. „Es ist was mit der Spannung“, sagt der Ingenieur. Das Netzteil des Geräts sei wohl kaputt. Oder es sei ein läppischer Kabelbruch, meint Mike: Nichts, was sich nicht reparieren lasse.