Bericht: Pioniere der Technologie in Afrika: WLAN für alle
Kapstadt (dpa) - Als Südafrika mit anderen afrikanischen Staaten im Mai den Zuschlag für die weltweit größte Teleskopanlage SKA bekam, war der Jubel unter den Wissenschaftlern des Kontinents groß - obwohl Konkurrent Australien auch ein Stück vom astronomischen Mega-Projekt abbekam.
Afrika sehnt sich danach, das Klischee als Kontinent von Rückständigkeit, Misswirtschaft und Krisen loszuwerden - und endlich auch als Standort für Modernisierung und Technologie Ansehen zu gewinnen. Nun prescht eine südafrikanische Kommune mit einem ehrgeizigen Internet-Projekt vor: Stellenbosch will als erste Großstadt Afrikas - und einer der ersten Orte in der Welt - die Gemeinde flächendeckend und kostenlos mit WLAN-Internetverbindungen versorgen.
„Wir wollen Grenzen sprengen und unsere Stadt als Standort für Unternehmen und Forschung weiter voranbringen“, betont Pieter Venter, Unternehmer und ehrenamtlicher Finanzstadtrat der Universitätsstadt am Kap. Web-Zugang sei sehr wohl ein „allgemeines Menschenrecht, und wir wollen das möglichst rasch umsetzen“, so Venter. Internet für jeden bedeute auch, dass benachteiligte Kinder mehr Bildungschancen, die Stellenboscher insgesamt „gebildeter werden und bessere Jobchancen haben“. Projektleiter Carinus Lemmer meinte, der Zugriff aufs Internet müsse „so selbstverständlich sein wie das Trinkwasser aus der Leitung“.
„Leapfrogging“ nennt das die Wissenschaft, wenn es insbesondere in der Dritten Welt gelingt, technologische Entwicklungsphasen zu überspringen - bevor noch in Stellenbosch eine Mehrheit der Menschen überhaupt das Internet nutzt, soll allen ein drahtloser Zugang zur Verfügung stehen.
Bereits jetzt ist das Web in der Stadt nahe Kapstadt - neben Schulen und städtischen Einrichtungen - dank sieben „Access Points“ (Zugangspunkte für eine drahtlose Internet-Verbindung) auf dem zentralen „Braak“-Platz sowie den umliegenden Straßen frei zugänglich. Allerdings verhindern technische Barrieren, dass Filme und Spiele heruntergeladen werden, weil dass die Daten-Kapazität sprengen würde. Täglich stehen bisher pro Nutzer 500 MB zur Verfügung - was aber noch weiter erhöht werden soll. Zugleich können auf den öffentlichen Plätzen im Stadtzentrum bisher erst höchstens 200 Personen gleichzeitig im Netz surfen.
Spätestens 2014 soll der freie Internet-Zugang aber in einem Gebiet von der Größe von 831 Quadratkilometern funktionieren - das sind in etwa die Ausmaße Berlins. Mehrere Nachbarkommunen von Stellenbosch - unter anderem der berühmte Weinort Franschhoek - sollen dann zum Netz gehören. Insgesamt etwa 200 000 Menschen wären die Nutznießer.
Das Projekt lasse sich nur verwirklichen, weil alle - Stadt, Behörden, Parteien, Wirtschaft, Verbände und Universität - an einem Strang zögen, sagt Venter. Vor allem rechtliche Hürden müssten überwunden werden, damit das Projekt weder Firmen noch Netzbetreibern schade. Zehn Millionen Rand (900 000 Euro) brauche man insgesamt, aber Geld sei bisher kein Problem. Im Wesentlichen finanzierten lokale Firmen und private Gönner das Projekt. Als treibende Kraft gilt der Bürgermeister von Stellenbosch, Conrad Sidego. „Es war seine Idee, sein Traum, ich habe gerne unsere Ressourcen zur Verfügung gestellt“, sagte der Unternehmer und Technologie-Experte Alan Knott-Craig der „Times“.
Das Projekt spart der Stadt schon jetzt erhebliches Geld: Dank der Gespräche übers Internet seien bereits 30 Prozent der kommunalen Telefonrechnung gespart worden, berichtet Venter. Aber nicht nur alle Behörden und Schulen sollen in Kürze vollständig mit WLAN-Hotspots ausgestattet sein. Auch städtische Überwachungskameras, Parkuhren und sogar kommunale Kläranlagen und Bewässerungssysteme lassen sich dank des allgegenwärtigen Netzes besser und billiger steuern.
Leidtragende des wegweisenden Projekts sind lediglich einige Internetcafés, die nicht mehr lange 30 Minuten Web-Zugang für 10 Rand anbieten können. „Afrikas drahtlose Revolution beginnt in Stellenbosch“, schwärmte die „Sunday Times“.