Bsirske ruft zum Kampf gegen massiven Jobabbau in digitaler Ära auf
Leipzig (dpa) - Verdi-Chef Frank Bsirske hat zu einem energischen Kampf gegen einen drohenden, millionenfachen Jobabbau durch die Digitalisierung aufgerufen.
Massenhafte Arbeitslosigkeit durch Roboterisierung ganzer Berufe müsse abgewehrt werden, sagte Bsirske am Mittwoch vor knapp 1000 Delegierten auf dem Bundeskongress der Dienstleistungsgewerkschaft in Leipzig. Das sei zentrales Ziel von Verdi für die kommenden Jahre, sagte Bsirske, der am Vortag für weitere vier Jahre an der Verdi-Spitze bestätigt wurde.
In Büros, bei der Zustellung, im Verkauf und in der Gastronomie drohten Millionen Arbeitsplätze wegzufallen. Die noch verbleibende Arbeit müsse gerecht verteilt, neue Beschäftigungsfelder müssten erschlossen, Arbeitnehmer massiv für digitale Arbeit weiterqualifiziert werden, forderte Bsirske.
Investiert werden müsse in Bildung, Gesundheit, Pflege und Integration. Entscheidend sei es, „die gewaltigen Zugewinne an Produktivität und Reichtum, die durch den digitalen Umbruch möglich werden, zur Förderung solcher Dienstleistungen in gesellschaftlichen Berufsfeldern zu nutzen“. Schlechten Arbeitsbedingungen im Dienstleistungssektor müsse ein Riegel vorgeschoben werden.
Konkret forderte Bsirske die Einführung einer öffentlich geförderten Bildungszeit. Arbeitnehmer müssten die Arbeitszeit mit Lohnersatz reduzieren können, um sich weiterzubilden.
Nötig seien auch Verbesserungen für die Arbeitnehmer heute. Der Verdi-Chef forderte eine kräftige Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf zehn Euro. Seit Anfang des Jahres gilt die Lohnuntergrenze von 8,50 Euro.
Über künftige Anhebungen berät ab 2016 eine Mindestlohnkommission mit Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern. In Tarifverhandlungen wolle Verdi künftig der Befristung von Jobs den Kampf ansagen. Bsirske kündigte zudem eine Kampagne gegen Altersarmut an.
Als Schreckensbild künftiger Arbeit führte der Gewerkschaftschef die Bedingungen beim Internethändler Amazon an, bei dem Verdi derzeit wieder streikt. Gängelung und Kontrolle der Mitarbeiter sei hier an der Tagesordnung. Bsirske sprach von einem „auf die Zukunft gerichteten Labor der Ausbeutung“.
Für die gut zwei Millionen Mitglieder zählende Gewerkschaft wies Bsirske auf die Notwendigkeit einer verstärkten Mitgliederwerbung hin. Das Durchschnittsalter bei Verdi sei seit 2002 um mehr als vier Jahre auf 52,1 Jahre gestiegen.
„Das liegt daran, dass (...) viele jung eingetretene Mitglieder nach nur wenigen Jahren auch wieder austreten.“ Die Interessen Jüngerer müssten aufgenommen, verstärkt auf Mitglieder zugegangen und Ausgetretene zur Rückkehr bewegt werden.