Claus Peymann wird im Internet nicht mehr heimisch

Berlin (dpa) - Das Internet und die Bühne sind für den Theaterregisseur Claus Peymann zwei völlig getrennte Welten. „Das Internet spielt in meinem Leben keine Rolle, das wird sich in absehbarer Zeit auch kaum ändern“, sagte Peymann bei einem Podiumsgespräch der Heinrich-Böll-Stiftung und des Feuilleton-Portals nachtkritik.de.

Allenfalls für den Verkauf von Tickets und für die Außendarstellung der Theater scheine das Netz eine vernünftige Sache zu sein, sagte der künstlerische Leiter und Geschäftsführer des Berliner Ensembles.

In einem Gespräch mit der Netzaktivistin und Piraten-Politikerin Marina Weisband fand der 75-jährige Peymann daher kaum eine gemeinsame Basis. Auf die Erklärung Peymanns, dass Theater immer subversiv sei, antwortete Weisband, dass auch das Internet eine revolutionäre Kraft habe, „die uns hilft, wenn wir beisammen sind“.

Während Peymann gegen die englisch geprägte Sprache im Internet wetterte und das Netz als „Kommunikationssystem der Einsamkeit“ bezeichnete, schwärmte Weisband von der lyrischen Kraft der sehr persönlichen Erfahrung, auf dem Smartphone eine mit wenigen Zeichen gestaltete Rose zu bekommen.

Das Theater erzeuge Erlebnisse, sagte Peymann, und könne fast die religiöse Erfahrung eines Wandlungsprozesses bieten: „Das ist ein heiliger Augenblick, wir habe da eine ganz ähnliche Situation wie in der Messe. Das Theater kann die Menschen für diesen Augenblick verändern.“ Dies bedeute allerdings nicht, dass häufige Theaterbesucher die besseren Menschen seien: „Den schlechtesten Charakter unserer Besucher haben nach wie vor die Theaterkritiker“, sagte Peymann mit einem Seitenhieb auf Esther Slevogt von nachtkritik.de.

Das Podiumsgespräch bildete den Auftakt einer Konferenz über „Theater und Netz“, die die Heinrich-Böll-Stiftung und nachtkritik.de zusammen mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) organisierten. Dabei ging es um die Konsequenzen des Theaters aus einer durch das Netz veränderten Öffentlichkeit.