Experte: Risiko durch umgestürzte Bäume höher als durch Hacker
Berlin (dpa) - Cyberangriffe stellen für Gesellschaften und Unternehmen nach Einschätzung von Experten eine wachsende Gefahr dar. Horrorszenarien mit Angriffen auf wichtige Infrastruktur-Netze seien aber vor allem in Deutschland nur wenig wahrscheinlich.
„Das Risiko eines empfindlichen Cyberangriffs etwa auf unsere Energiesysteme ist niedriger als die Gefahr von umgestürzten Bäumen“, sagte Marco Gercke, Direktor des Cybercrime Research Institute Köln auf dem Datenschutzkongress in Berlin.
„Wir haben eine umfangreiche Digitalisierung durchlaufen“, sagte Gercke. Die Vernetzung intelligenter Netze, wie wir sie heute haben, biete zwar viel Angriffspotenzial. Speziell in Deutschland säßen aber - anders als etwa in den USA - die „Bedenkenträger“ gleich mit am Tisch. Wesentliche Sicherheitsaspekte seien demzufolge bereits bei der Konzeption der Netze mitberücksichtigt worden.
Als großen Trend sieht Gercke, dass Cyberangriffe auf Unternehmen immer zielgerichteter werden. Noch vor einigen Jahren hätten Angreifer auf eine große Bandbreite ihrer Attacke gesetzt, um eine typische Schwachstelle auszunutzen. „Heute geben sich die Täter sehr viel mehr Mühe, die Schwachstellen in Unternehmen genau auszuloten.“
Dabei würden auch gezielt Vorstandsmitglieder ins Visier genommen, um an sensible Daten zu kommen - und sei es auf dem Golfplatz. Auch der Trend zu Hybrid-Angriffen zeichne sich ab. Dabei würden etwa physische Einbrüche kombiniert mit dem Deaktivieren oder Klonen von Zugangskarten.
Die Zahl der Delikte sei aber immer noch gering im Vergleich zur Zahl der Nutzer in Deutschland, sagte Gercke. Hochrechnungen der IT-Sicherheitsfirmen seien traditionell „sehr abenteuerlich“. Auf der anderen Seite handele es sich bei den tatsächlich von der Kriminalpolizei erfassten Fälle nur um einen Bruchteil der tatsächlich verübten Attacken. Die Wahrheit liege irgendwie in der Mitte.