Freie Alternativen zu Microsoft Office

Berlin (dpa/tmn) - Um die kostenlosen Alternativen zu Microsoft Office gab es in den vergangenen Monaten viel Verwirrung. Nachdem sich Oracle von OpenOffice.org zurückgezogen hatte, gingen Freiwillige mit LibreOffice einen eigenen Weg.

Microsoft Office ist der Platzhirsch unter den Büroprogrammen für Windows-PCs und Macs. Die Kombination von Word, Excel, PowerPoint und Outlook bestimmt den Computer-Alltag in Büro, Uni oder zu Hause. Doch gerade in Deutschland gab es immer auch starke Alternativen. Bereits 1985 forderte der damals 16 Jahre alte Schüler Marco Börries aus Lüneburg Microsoft mit seinem StarOffice heraus, das dann über 25 Millionen Mal weltweit verkauft wurde.

Mit der Übernahme von Börries' Firma Star Division im August 1999 durch Sun Microsystems wurde StarOffice zu OpenOffice, das in einer freien und einer kommerziellen Variante vertrieben wurde. Doch als Sun im Januar 2010 vom US-Konzern Oracle geschluckt wurde, fragten sich viele Anhänger der freien Software, was aus OpenOffice.org nun werden soll. Oracle-Chef Larry Ellison konnte mit dem Projekt nicht viel anfangen. Nach einem quälend langsamen Entscheidungsprozess stellte er die kommerzielle Variante ein und schob das freie Programm OpenOffice.org im Juni 2011 an die Apache Software Foundation ab.

Unterdessen gründeten freie Software-Entwickler im September 2010 das Projekt LibreOffice, weil sie den Stillstand bei OpenOffice.org nicht hinnehmen wollten. Die Programmierer machten sich ans Werk und entrümpelten den Code der letzten stabilen OpenOffice-Version 3.2.1. Dabei fielen über 500 000 Zeilen Programmcode weg, die nicht mehr gebraucht wurden, weil beispielsweise die Unterstützung der Datenbank Adabas aus dem kommerziellen Paket weggefallen war.

LibreOffice bietet jetzt ein Paket für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationen, das Erstellen von Grafiken und eine Datenbank. Die Software liegt in der Version 3.4 vor. „Gleichzeitig brachte LibreOffice aber auch neue Importfilter und Verbesserungen bei der Umsetzung der MS-Office-Makrosprache VBA“, sagt Oliver Diedrich, Redakteur der Fachzeitschrift „c't“ (Hannover). Außerdem machten sich die Aktivisten daran, den Import von Dateien aus der Microsoft-Tabellenkalkulation Excel zu optimieren sowie Erweiterungen und Vorlagen für LibreOffice online zu stellen.

Mitte Oktober kündigten die Macher von LibreOffice an, die freie Office-Suite in Webbrowser und auf Tablets zum Laufen zu bringen. Dabei haben die Entwickler sowohl Apples iOS-Betriebssystem für das iPad als auch Googles Android im Blick. Allerdings werden sich die Anwender noch bis „Ende 2012 oder Anfang 2013“ gedulden müssen, bis eine LibreOffice-Version für Tablet-Computer verfügbar ist.

Auf Desktop-PCs ist LibreOffice derzeit vor allem auf Linux stark vertreten. „Fast alle Linux-Distributionen sind von OpenOffice.org auf LibreOffice umgestiegen“, sagt der freie Software-Berater Thomas Krumbein. Auch wer auf dem Windows-PC oder Mac eine freie Office-Software neu installieren möchte, könne eigentlich nur noch LibreOffice nehmen, weil dort auch bereits Sicherheitslücken geschlossen wurden, die in OpenOffice.org 3.2.1 noch offen sind.

Doch was ist aus dem ursprünglichen OpenOffice.org geworden? Entgegen vielen Gerüchten ist das Projekt bei der Apache Software Foundation nicht eingeschlafen. „Es arbeiten derzeit rund 70 Entwickler an dem Projekt“, sagt der freie Software-Berater Christian Grobmeier. Er ist mit anderen Freiwilligen dabei, die Software von Altlasten zu befreien und auf eine andere Lizenzform umzustellen. „Das ist wichtig, wenn man Programmteile von OpenOffice.org in kommerziellen Projekten einbetten möchte.“ LibreOffice verwende Lizenzformen, wie sie auch von der Free Software Foundation bevorzugt werden, aber einer kommerziellen Verwendung im Weg stehen könnten.

Wann die erste Version von OpenOffice.org unter der Verantwortung der Apache-Stiftung verfügbar sein wird, kann Grobmeier nicht sagen. „Es gibt aber eine gewisse Erwartungshaltung in den Blogs und Mailinglisten, so dass wir uns der Planung eines ersten Releases nähern.“ Der Entwickler hält auch den Eindruck einer Rivalität zwischen LibreOffice und OpenOffice.org für falsch. Zwischen etlichen Entwicklern des LibreOffice-Projektes und dem Apache-Team gebe es „gute Verbindungen und freundschaftliche Kontakte“.

Grobmeier kann sich ein Nebeneinander der freien Office-Pakete vorstellen, die beide ohne Einschränkungen dasselbe Dokumentenformat ODF nutzen. „Im Büro findet man vielleicht ein OpenOffice.org vor, zu Hause könnte es LibreOffice sein, so wie man im Job und privat vielleicht auch mit unterschiedlichen Browsern im Web surft.“

Fachredakteur Diedrich von der „c't“ empfiehlt derzeit den Einsatz von LibreOffice, das im Vergleich zur alten Version von OpenOffice.org einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht habe. Durch die Neuaufstellung bei der Apache-Stiftung sei OpenOffice.org aber nicht tot, auch weil IBM sich weiterhin an dem Projekt beteilige. „Den Beweis, dass daraus ein besseres Programm entsteht, muss die Apache Software Foundation aber noch führen.“