Fürbitten per Twitter - Gottesdienst im Internet

München (dpa) - Weil den Gottesdienst vor Ort immer weniger Menschen besuchen, versuchen die Kirchen mit Angeboten im Netz ein jüngeres Publikum zu erreichen. Viele Versuche stecken aber noch in den Kinderschuhen.

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Videos per Beamer, eine Twitter-Wall in der Kapelle und die Beteiligung der Internet-Gemeinde via Facebook: So soll er aussehen, der Social-Media-Gottesdienst in Balderschwang im Allgäu. „Wir verwenden alles, was technisch möglich ist“, erzählt Michael Hertl von der Katholischen Fernseharbeit. Anfang Februar soll es soweit sein, es wäre dann der dritte Internet-Gottesdienst.

Rund 30 Gläubige feiern in der Kapelle vor Ort, alle anderen können sich den Live-Stream im Internet anschauen und über die sozialen Medien mitmachen - etwa die Predigt kommentieren oder Fürbitten einbringen. „Wir müssen dahin gehen, wo die Leute sind - und die sind immer weniger in der Kirche und immer mehr im Internet“, sagt Hertl. Der Live-Stream des ersten Social-Media-Gottesdiensts vor zwei Jahren verzeichnete parallel zeitweise mehr als 6000 Abrufe. Hertl ist überzeugt: „Es muss eine Liturgie für Internet-Affine geben.“

Pfarrer Christoph Breit sieht das ähnlich. Er leitet die Projektstelle Social Media bei der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern. Eine Stelle, die eigens geschaffen wurde, um der Kirche im Netz auf die Füße zu helfen. „Gottesdienst gibt's nur, wenn du in die Kirche kommst - davon müssen wir wegkommen“, sagt Breit.

Einen richtigen Internet-Gottesdienst gibt es bei der evangelischen Kirche im Freistaat aber noch nicht. „Es ist schade, dass sich viele Kirchengemeinden nicht trauen, die Möglichkeiten der sozialen Medien auszuprobieren.“ Denn ein Online-Gottesdienst bedeutet für Breit auch, die Leute online aktiv einzubinden. „Einfach den Gottesdienst als Live-Stream ins Internet stellen, damit mehr Leute zuschauen - so funktioniert das nicht“, erklärt Breit.

Diese passive Form der Internetnutzung - der Live-Stream eines ohnehin stattfindenden Gottesdienstes - wird bereits häufiger genutzt. Im Bistum München wird jeden Sonntag die Messe mit Kardinal Reinhard Marx live im Internet übertragen. „Das ist eine andere Möglichkeit an Publikum zu kommen“, heißt es aus der Pressestelle des Bistums. Gerade für Alte, Kranke und weit entfernt wohnende Menschen sei ein solches Angebot wichtig.

Auch Gottesdienste wie der Social-Media-Gottesdienst in Balderschwang, die speziell fürs Internet veranstaltet werden, kommen nicht ohne Teilnehmer vor Ort aus. „Ohne die feiernde Gemeinde in der Kapelle funktioniert das nicht“, sagt Hertl. Bei den vergangenen Social-Media-Gottesdiensten sei das Verhältnis von anwesender und feiernder Gemeinde noch nicht klar gewesen. „Wir müssen die Gemeinde vor Ort besser einbinden, sonst sieht das albern aus“, meint Hertl.

Genau aus diesem Grund stößt der interaktive Gottesdienst beim Leiter des Liturgischen Instituts in Trier auf Kritik. „Gottesdienst lebt von der Gemeinde, die sich in einem Raum versammelt“, sagt Eberhard Amon. Das könne man nicht übers Netz kommunizieren.

Dabei muss es nicht gleich ein interaktiver Gottesdienst sein, der gläubige Menschen im Netz anspricht. So treffen sich auf Twitter jeden Abend um 21.00 Uhr zahlreiche Nutzer zum gemeinsamen Gebet. Unter dem Schlagwort „Twomplet“ - einem Kunstwort aus Twitter und dem Nachtgebet Komplet - schreiben sie Gebete als Kurznachrichten wie diese: „Herr, wir bitten Dich, beschütze Deine Kirche und gib uns Bekennermut.“

Service:

Der Social-Media-Gottesdienst der Katholischen Fernseharbeit soll am 5. Februar 2015 in der Studiokapelle von Radio Horeb in Balderschwang stattfinden.