Google erkauft sich Eintritt ins Internet der Dinge
New York (dpa) - „Wir sehen, wenn Leuten ihr Toast verbrennt“, sagt Nest-Mitgründer Tony Fadell. Und zwar überall auf der Welt, wo die vernetzten Rauchmelder seiner Firma installiert sind.
Nest macht außerdem auch intelligente Thermostate - und demnächst sollen die Daten all dieser Geräte unter dem Dach von Google landen. Der Internet-Gigant blättert 3,2 Milliarden Dollar (2,34 Mrd Euro) für Nest hin und prescht damit in den heiß laufenden Markt der vernetzten Dinge vor.
Also noch mehr, was Google jetzt über die Nutzer wissen kann? Nest versuchte als erstes, die Datenschutz-Sorgen seiner Kunden zu entschärfen. „Die Daten von Nest bleiben bei Nest“, hakte Fadell in einem Interview des Technologie-Blogs „Recode“ ab.
Sein Mitgründer Matt Rogers betonte in einem Blogeintrag, die Datenschutzregeln von Nest ließen nur den Einsatz von Kundeninformationen für Betrieb und Verbesserung der eigenen Produkte zu. Zugleich machte Fadell aber auch deutlich, dass Google bei aller künftigen Unabhängigkeit von Nest nicht einfach nur ein passiver Geldgeber sein werde: „Es geht um etwas viel Größeres.“
Das betonte Werben um Kundenvertrauen ist kein Zufall. Schon vor wenigen Jahren stieß ein noch deutlich weniger mächtiges Google auf Widerstand gegen seinen intelligenten Stromzähler. Der 2009 vorgestellte „PowerMeter“ des Internet-Konzerns sollte den Stromverbrauch in Echtzeit messen und so Energie sparen helfen. Das ging einigen zu weit. Google-Chef Larry Page zog dem PowerMeter nach nur wenigen Monaten im Amt 2011 den Stecker. Das Gerät war nur wenig populär und Page schnitt gnadenlos alles ab, was er als Ablenkung vom Google-Kerngeschäft Internet und Smartphones sah.
Doch nun verhandelte er monatelang darüber, Nest samt des langjährigen Apple-Managers und einstigen iPod-Miterfinders Fadell ins Boot zu holen. Die Welt hat sich verändert, das Internet der vernetzten Dinge gewinnt eine Dynamik, die nicht mehr zu stoppen scheint. Google machte bereits deutlich, dass der Konzern diese Welle reiten wird.
Bisher war das dominierende Smartphone-System Android Googles Plattform dafür. Vor einer Woche wurde eine große Allianz mit Autoherstellern vorgestellt, die Android ins Auto bringen will - ganz nebenbei zu Googles eigenen Forschungen bei selbstfahrenden Fahrzeugen. Mit Android laufen bereits Fernseher, Uhren und die Datenbrille Google Glass. Jetzt weitet Google mit Nest seine Reichweite in den Haushalten auf einen Schlag aus. Und wer weiß, wie andere Projekte wie die jüngst bekanntgewordene Roboter-Entwicklung in der Zukunft noch mit anderen Google-Diensten zusammenwachsen.
Die spannende Frage beim Nest-Kauf ist jetzt, wie lange sich die versprochene „Chinesische Mauer“ zwischen den Daten der Firma und der restlichen Google-Welt aufrechterhalten lässt. Denn der Trend bei dem Internet-Konzern geht ganz klar dazu, die Informationen aus seinen verschiedenen Diensten zu verknüpfen, um den Kunden einen intelligenteren Service zu bieten.
Nest nannte bisher keine Zahlen dazu, wie viele seiner Geräte in den Haushalten installiert sind. „Viel mehr als Sie sich vorstellen können“, weicht Fadell solchen Fragen aus. Immerhin sagt er, dass die Nest-Rauchmelder nur wenige Wochen nach dem Marktstart in über 40 Ländern im Einsatz gewesen seien - obwohl sie dort gar nicht offiziell verkauft wurden. Der Markt jedenfalls ist riesig: Allein in den USA gibt es 750 Millionen Rauchmelder, und die wenigsten davon seien digital. Und immer mehr Regierungen schreiben es vor, solche Geräte im Haus zu haben.
„Wir sind eine kleine Firma, wir haben nicht so viele Ressourcen für schnelles Wachstum“, sagte Fadell noch Anfang Dezember in einem dpa-Interview. Im November hatte Nest mit Großbritannien den ersten Schritt außerhalb der USA gemacht. Schon da plante er aber eine schnelle Expansion in Europa, vor allem mit dem Rauchmelder Nest Protect - weil man in dem Bereich nicht auf unterschiedlichste Heizsysteme in verschiedenen Ländern Rücksicht nehmen müsse.
„Beim vernetzten Haus sind wir jetzt in etwa dort, wo wir Ende der 80er Jahre waren“, sagte Fadell im Dezember. „Wir sprechen darüber, dass jedes Gerät mit einem anderen kommunizieren kann - es wird viele Jahre dauern, bis diese Vision Realität wird.“ Schon damals stellte er weitere Geräte in Aussicht. Jetzt sollen mit Hilfe von Google Infrastruktur und Marketing ausgebaut werden.
Und in Hinblick auf die Rivalität im Silicon Valley ist jetzt auch interessant, ob die Nest-Geräte jetzt aus den Läden von Fadells früherem Arbeitgeber Apple fliegen.