Hackerangriff treibt Internetgesetz in Polen voran

Warschau (dpa) - In Polen regt sich Widerstand gegen die geplante Unterschrift der Regierung unter ein Gesetz für einen besseren Urheberschutz im Internet. Seit dem Wochenende blockieren Hacker unter anderem die Internetseite der Regierungskanzlei und des Parlaments.

Am Montag traf Ministerpräsident Donald Tusk mit mehreren seiner Minister zusammen, um über das Gesetz zum internationalen Abkommen gegen Internet-Piraterie und Urheberrechtsverletzungen (ACTA) zu beraten, das eigentlich bereits am 26. Januar unterschrieben werden sollte. Polens Datenschutzbeauftragter Wojciech Wiewiorowski meldete Bedenken wegen möglicher Verfassungsverstöße an.

Der unter anderem für Internetangelegenheiten zuständige Minister Michal Boni bedauerte am Montag im Rundfunksender TOK FM, es habe bisher nicht genug öffentliche Diskussion über das ACTA-Gesetz gegeben, das die Verbreitung von Raubkopien über das Internet bekämpfen soll. „Wir sollten uns noch ein bisschen Zeit lassen“, sagte er. Kritiker sprechen von einer totalen Überwachung des Internets. Autorenverbände betonten dagegen, es müsse mehr für den Schutz der Urheberrechte getan werden.

Sowohl das Linksbündnis SLD als auch die linksliberale Palikot-Bewegung appellierten an Tusk, das ACTA-Gesetz nicht zu unterschreiben. Es sei skandalös, dass es keine gesellschaftliche Debatte zu dem Thema gegeben habe und die Regierung nun vollendete Tatsachen schaffen wolle, hieß es. Widerspruch regte sich auch bei der Bauernpartei PSL, die der Koalitionspartner von Tusks liberalkonservativer Bürgerplattform ist. „Es entsteht kein Schaden, wenn die Unterschrift um fünf Tage, fünf Wochen oder fünf Monate verschoben wird“, sagte Wirtschaftsminister Waldemar Pawlak.

Am Wochenende hatten polnische Ableger der internationalen Hackerorganisation „Anonymous“ unter anderem die Internetseiten des Regierungschefs und des Parlaments lahmgelegt. Auch am Montag war stundenlang kein Zugriff auf die Seiten möglich.

Unerwartet positiven Zuspruch erhielten die Hacker von General Stanislaw Koziej, dem Sicherheitsberater des polnischen Präsidenten. Der Hackerangriff sei für die Sicherheitsbehörden eine gute Übung für den Umgang mit Cyberkriminalität, sagte Koziej im Radiosender RFM. „Der Sicherheitsrat hat schon lange auf diese Art von Problemen hingewiesen. Die Angriffe helfen, den Staat besser auf solche Attacken vorzubereiten.“

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