Hitzige Debatte über Werbeblocker Adblock Plus
Berlin (dpa) - „Für ein Web ohne nervige Werbung!“ - Das Versprechen von Adblock Plus klingt attraktiv. Doch der Werbeblocker steht nun im Kreuzfeuer der Kritik. Ein Vorwurf: Adblock Plus lasse Werbung von Partnern zu, die im Hintergrund Geld dafür bezahlen.
Ein paar Klicks, eine kleine Installation - und schon verschwinden aufdringliche Werbebanner, lästige Popup-Fenster oder unerwünschte Videowerbung aus dem Web. Werbefilter wie Adblock Plus versprechen, dass „all die störende Werbung beim Besuch einer Webseite automatisch entfernt wird“.
Mehr als 150 Millionen Mal wurde das kostenlose Programm nach Angaben der Eyeo GmbH, die hinter Adblock Plus steht, bereits heruntergeladen. Das selbst gewählte Motto des Unternehmens: „Wir wollen das Internet verbessern. Schlechte Werbung loswerden ist schon ein guter Anfang.“ Eyeo und Adblock Plus müssen sich derzeit allerdings mit massiven Vorwürfen auseinandersetzen.
Kritiker sehen Verbindungen der Adblock Plus zu Partnern aus der Werbeindustrie, also der Branche, gegen die die Software eigentlich wirken soll. Andere werfen dem Unternehmen vor, schmarotzerhaft von der Leistung von Journalisten und Bloggern zu profitieren. Das Unternehmen verlange von Verlagen und Blogs Geld, damit sie sich von der Werbeblockade freikaufen können. Eyeo setzt sich zur Wehr und spricht von „Lügen“, die über Adblock Plus verbreitet werden.
Der in Taiwan lebende deutsche Blogger Sascha Pallenberg löste die Debatte aus. Auf seiner Website mobilegeeks.de griff er die Geschäftspraktiken von Eyeo scharf an. „Adblock Plus ist keinesfalls unabhängig, denn nicht genannte Investoren im Hintergrund haben sich auf eine sogenannte Whitelist eingekauft, die es ihnen erlaubt, ihre Werbeanzeigen dennoch durchzuschleusen“, sagte Pallenberg. Diese „weiße Liste“ erfasst Werbeangebote, die als „nicht störend“ eingestuft wurde. Bei jeder Neuinstallation von Adblock Plus wird die Liste automatisch aktiviert.
„Das mit 200 Millionen Downloads erfolgreichste Browser-Plugin Adblock Plus ist nicht mehr und nicht weniger als ein Kontrolleur, ein "Gatekeeper"“, sagt Pallenberg. Das Programm wolle Anwendern, aber auch Webseiten-Betreibern, die ihre Arbeit über Werbung finanzieren, aufzwingen, welche Werbung erlaubt ist und welche nicht. Die Freigabe der Werbung in Adblock Plus sei undurchschaubar. Insbesondere die Freischaltung von Anzeigenangeboten aus dem Umfeld von Eyeo sei unter höchst dubiosen Umständen abgelaufen, meint Pallenberg.
Till Faida, Mitgründer von „Adblock Plus“, weist diese Anschuldigungen zurück. Für alle werbetreibenden Unternehmen gälten dieselben Kriterien, um auf die „weiße Liste“ zu kommen. „Das Whitelisting steht allen Websites gleichermaßen offen. Die Community entscheidet final über jede Art von Whitelisting, und viele Vorschläge wurden von ihr abgelehnt“, sagte er.
Laut Blogger Pallenberg ist diese „Community“ jedoch keine ernstzunehmende Kontrollinstanz. Bei geschätzten 50 Millionen aktiven Nutzern der Software seien lediglich 27 000 Mitglieder in dem Forum registriert. „Das sind keine User wie Du und ich, das sind die Adblock-Plus-Macher und ihre Angestellten“, meint Pallenberg.
Faida kontert: Die sogenannten „Acceptable Ads“, also die als unaufdringlich eingestufte Werbung, werde in einer separaten Liste erfasst. Diese sei von jedem Nutzer individuell an- und abschaltbar. Jeder Nutzer könne also selbst festlegen, welche Werbung er akzeptiere.
Die Auseinandersetzung zwischen dem Blogger und den Betreibern des Werbefilters verweist aber auch auf ein größeres Problem: Blogger, Nachrichtenportale und andere Online-Angebote sind in der Regel auf Werbeeinnahmen angewiesen, um sich zu finanzieren. Doch selbst viele Website-Betreiber stellen fest, dass bestimmte Arten von Werbung die Besucher nerven und abschrecken.
„Wir müssen auch über Werbung im Internet reden, es gibt unfassbar viel Schrott darauf. Den dürfen wir auf Qualitätsseiten nicht tolerieren“, sagte die Geschäftsführerin des Nachrichtenportals „Spiegel Online“, Katharina Borchert, kürzlich auf der Jahreskonferenz der Journalistenorganisation Netzwerk Recherche. Es gebe Werbeformen, bei denen man Werbekunden klarmachen müsse, dass sie selbst für deren eigenes Image nicht gut seien.
Die „Acceptable Ads“ von Adblock Plus seien aber noch schlimmer, war sich Borchert auf der Konferenz mit dem Chefredakteur von Süddeutsche.de, Stefan Plöchinger, einig. Der Versuch, die Verlage für die Aufnahme auf die „Whitelists“ von Adblock Plus zahlen zu lassen, sei „ein Geschäftsmodell von Adblock Plus zu Lasten unseres eigenen Geschäftsmodells“, sagte Plöchinger. Borchert formulierte den Vorwurf der Verlagsbranche noch drastischer: „Das ist moderne Wegelagerei“.