Jameda: Ärztin setzt Löschung aus Bewertungsportal durch

Der Bundesgerichtshof gibt einer Kölner Dermatologin im Streit gegen Jameda Recht. Das Unternehmen will nun seine Werbeangebote umgestalten.

Die Kölner Dermatologin und Allergologin Astrid Eichhorn bei der Verhandlung im Bundesgerichtshof.

Foto: Anika von Greve-Dierfeld

Karlsruhe. Niederlage für das Ärztebewertungsportal Jameda und Sieg für eine Hautärztin aus Köln: Das Portal muss die Daten der Dermatologin aus seinem Verzeichnis löschen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH). Jameda habe die für Bewertungsportale gebotene Neutralität verlassen, weil es durch sein Geschäftsmodell Ärzte begünstige, die sich dort Werbeplatz kaufen.

„Wir freuen uns, dass mit der Schutzgelderpressung seitens Jameda nun endlich Schluss ist“, sagte die Anwältin der Medizinerin, Anja Wilkat. Die Betreiber des Portals müssen nun ihre Anzeigenprodukte gemäß der BGH-Vorgaben anpassen und für Gleichbehandlung zwischen zahlenden und nicht zahlenden Ärzten sorgen (Az.: VI ZR 30/17).

Die Kölner Ärztin war gegen ihren Willen auf Jameda geführt worden und musste auf ihrem Profil dort als Nichtzahlerin Einblendungen der örtlichen Konkurrenz dulden. Die Ärzte, die sich als Premiumkunde von Jameda gegen Geld ausführlich und mit Foto präsentieren, waren bislang vor Werbung von Wettbewerbern auf ihrem Profil geschützt.

Das Portal entfernte am Dienstag die beanstandeten Einblendungen. „Nach den uns derzeit vorliegenden Informationen der Bundesrichter besteht kein weiterer Handlungsbedarf“, sagte eine Jameda-Sprecherin. Geschäftsführer Florian Weiß gab sich nach dem Richterspruch enttäuscht, aber gelassen. Der Löschanspruch nicht zahlender Ärzte bestehe nur solange, bis das Unternehmen seine Werbeanzeigen umgestaltet habe. „Wir erwarten keine Austrittswelle von Medizinern.“ Die geforderte Umgestaltung der Werbeangebote „für uns keine große wirtschaftliche Fragestellung“.

Ein grundsätzlicher Anspruch, aus solchen Portalen entfernt zu werden, besteht laut BGH weiterhin nicht. An der Grundsatzentscheidung dazu aus dem Jahr 2014 werde festgehalten, betonte der Vorsitzende Richter Gregor Galke — „solange sich ein Bewertungsportal wie ein neutraler Informationsvermittler verhält“. Das sei hier anders gewesen: Die auf dem Portal gegen Geld werbenden Ärzte hätten gegenüber der Klägerin und anderen nicht zahlenden Medizinern verdeckte Vorteile gehabt. Daher überwiege hier das Grundrecht der Ärztin auf informationelle Selbstbestimmung das Recht von Jameda und Internetnutzern auf Meinungs- und Medienfreiheit.

„Das Urteil macht deutlich, dass die Meinungsfreiheit nicht jedes Geschäftsmodell rechtfertigen kann“, sagte dazu Paetrick Sakowski, Experte für Wettbewerbsrecht. Kritische Bewertungen müssten sich Ärzte, Lehrer und Anwälte zwar gefallen lassen — „der kommerziellen Verwendung ihrer Daten wurde durch das Urteil des BGH aber eine entscheidende Grenze gesetzt“.

Der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärzte, Dirk Heinrich, sieht eine Stärkung der Persönlichkeitsrechte von Ärzten. Der BGH weise deutlich darauf hin, dass Internetportale und insbesondere Arztbewertungsseiten der Neutralität verpflichtet seien. „Schließlich gehen die Nutzer von Jameda davon aus, dass das Ranking ausschließlich durch subjektive Patientenbewertungen zustande kommt und nicht durch bezahlte Services zensiert wird“, erklärte Heinrich. dpa/AFP