Jeder gegen Jeden: Samsung befeuert Rivalität mit Galaxy S4
New York (dpa) - Das nennt man wohl einen Partycrasher: Es ist Donnerstagabend vor der Radio City Music Hall in New York. Gleich will Samsung hier sein neues Smartphone-Flaggschiff Galaxy S4 vorstellen.
Mehrere Tausend Journalisten und Analysten warten in langen Schlangen darauf, in den weltbekannten Konzertsaal gelassen zu werden. Was die Wartenden jedoch zunächst einmal zu sehen bekommen, ist das Konkurrenzmodell HTC One.
Der taiwanische Rivale HTC rückt in Guerilla-Taktik mit einer Truppe an, um direkt vor der Haustür der Konkurrenz für sein eigenes Spitzenmodell zu werben. Die HTC-Leute verteilen heiße Schokolade und Snacks an die Wartenden - und 100-Dollar-Gutscheine für jeden, der sein altes Handy gegen ein HTC One eintauschen will. Später stänkert HTC-Verkaufschef Jason Mackenzie auf Twitter über das Samsung Galaxy S4: „Man baut einfach kein Telefon aus Plastik.“
Die Szene zeigt, wie rau der Ton in der Branche mittlerweile geworden ist. Das ist kein Wunder: Auf der einen Seite locken bei Smartphones gigantische Profite. Laut dem Marktforscher IDC schlugen die Hersteller im vergangenen Jahr mehr als 700 Millionen Geräte los. Doch gutes Geld verdienen die wenigsten Firmen. Entwicklung und Produktion sind teuer, schnell kommen immer neue Modelle auf den Markt. So richtig gelingt es nur Samsung und Apple, die Smartphone-Welle zu reiten.
Das Smartphone-Geschäft ist mittlerweile derart hart geworden, dass selbst Partner sich kritisch beäugen. So sehen viele Experten im neuen Samsung Galaxy S4 vorrangig nicht einmal einen Angriff auf Apple mit seinem iPhone 5. „Samsung gegen Google würde ich das nennen“, erklärt Gartner-Analyst Michael Gartenberg. Von dem Suchmaschinen-Primus stammt das Betriebssystem Android, das die Smartphones zahlreicher Hersteller antreibt - auch von Samsung.
Doch so mancher Beobachter ist überzeugt, dass Smartphone-Marktführer Samsung sich von Google unabhängiger machen will. Zu wichtig sind die Computerhandys für den Elektronikkonzern als Einnahmequelle geworden. „Google sollte sich fragen, ob Samsung glaubt, über Android zu stehen“, kommentierte Gartner-Analystin Carolina Milanesi angesichts der zahlreichen hauseigenen Software-Funktionen des Galaxy S4. „Ein eigenes Ökosystem aufzubauen, macht total Sinn, wenn man so groß wie Samsung ist.“ Ex-Android-Chef Andy Rubin warnte Samsung kurz vor seinem Abgang davor, ein eigenes geschlossenes System aufzubauen.
„Wir haben eine gute Beziehung zu Google“, wiegelte dagegen Samsungs Mobilfunk-Chef J.K. Shin in einem Interview mit dem „Wall Street Journal“ ab. Gleichzeitig sagte er aber, Samsung wolle seinen Kunden bei Betriebssystemen so viel Auswahl wie möglich bieten. Der Konzern nutzt auch Microsofts Windows Phone 8 sowie das selbstentwickelte Bada. Das große Geld bringen aber die Android-Telefone.
Samsung werkelt allerdings gemeinsam mit dem Chipkonzern Intel am alternativen Betriebssystem Tizen. „Sie werden das erste Smartphone von Samsung mit Tizen wohl im dritten Quartal sehen“, sagte Shin. Auch deswegen spekulieren Branchenkenner, dass es langfristig zu einem Bruch mit Google kommen könne. Samsung habe bei der Vorstellung des Galaxy S4 auffallend wenig über Android gesprochen, merkte das Technologie-Blog „TechCrunch“ an. „Vielleicht zieht Samsung das Beste aus Android heraus und geht bald seinen eigenen Weg.“
Die Fachwelt dürfte gespannt darauf warten, welche Funktionen Samsung seinem ersten Tizen-Smartphone spendiert - und vor allem, mit welchem Werbeaufwand der Hersteller es ins Rennen schickt. Zur Vorstellung des Android-betriebenen Galaxy S4 hatte Samsung zusätzlich zur 6000 Zuschauer fassenden Radio City Music Hall auch noch ein Stück vom Times Square angemietet. Ein großer Stand zog die Aufmerksamkeit von Touristen und New Yorkern auf sich.
Leisten kann sich Samsung diesen Aufwand locker. Der Konzern hält laut den Marktforschern von IDC rund 30 Prozent am Smartphone-Geschäft, Apple erreicht mit seinem iPhone 19 Prozent. Dann kommt lange niemand. Selbst stolze Namen der Branche wie Nokia, Blackberry und HTC erreichten im vergangenen Jahr nicht einmal 5 Prozent, Tendenz sogar eher fallend. Kein Wunder, dass da mancherorts die Nerven blankliegen.