Kritik an Ausbeutung in China setzt Apple unter Druck

Peking (dpa) - Wer wäre bereit, mehr für sein iPhone oder iPad zu bezahlen, damit es Arbeitern in China besser geht? Wären die Aktien von Apple noch so ein Renner, wenn die Gewinne kleiner ausfielen?

Der Druck auf den kalifornischen Computerkonzern wächst mit jeder neuen Enthüllung über harsche Arbeitsbedingungen in den Fabriken in China, in denen die weltweit so beliebten Apple-Produkte hergestellt werden. Im Kreuzfeuer der Kritik steht sein taiwanesischer Hersteller Foxconn, der 1,2 Millionen Arbeiter in China beschäftigt - der neben Apple auch andere High-Tech-Firmen wie Dell, Hewlett-Packard, IBM oder Sony zu seinen Kunden zählt.

Die Vorwürfe sind heftig: Übermäßige Überstunden und Schichten mit 12 bis 15 Stunden, sechs oder sieben Arbeitstage pro Woche, monotone Arbeit am Fließband, militärischer Führungsstil und Kasernierung in überfüllten Wohnheimen auf dem Fabrikgelände. Der weltgrößte Elektronikhersteller macht schon seit zwei Jahren mit einer Serie von Selbstmorden unglücklicher Mitarbeiter von sich reden.

In einem investigativen Artikel der „New York Times“ Ende Januar warfen frühere Manager dem Apple-Konzern vor, nur an der Verringerung der Produktionskosten interessiert gewesen zu sein und bei Missständen ein Auge zugedrückt zu haben. Den Vorwurf der Ausbeutung will der neue Apple-Chef Tim Cook aber nicht auf sich sitzen lassen: „So sind wir nicht.“ Er trat der Organisation Fair Labor Association (FLA) bei, die sich weltweit für bessere Arbeitsbedingungen einsetzt, und verschaffte FLA-Inspektoren erstmals Zugang zu den sonst sorgsam von der Außenwelt abgeschnittenen Foxconn-Fabriken. „Wir sind der Überzeugung, dass die Beschäftigten überall auf der Welt ein Recht auf ein sicheres und faires Arbeitsumfeld haben“, sagte Cook.

Chinesische Arbeitsrechtsexperten sind aber skeptisch, was bei der Untersuchung herauskommen kann. „Die Ergebnisse sind nicht glaubwürdig, wenn die Untersuchung nur durch eine Tour mit Führer über ein paar Wochen erfolgt“, sagte der Arbeitsrechtler Huang Leping der Nachrichtenagentur dpa in Peking. „Es müsste eine langfristige Aufsicht geben und Ermittlungen ohne Einschränkungen.“

Eine am Wochenende verkündete Lohnerhöhung von 16 bis 25 Prozent ist für den Anwalt und andere Experten auch nur der Versuch der Schadensbegrenzung in der PR-Krise von Foxconn. „Die öffentliche Diskussion hat die Gehaltsanhebung beeinflusst“, glaubt He Xiaoxia von der Umweltschutzgruppe Green Beagle, die den Umgang mit gefährlichen Stoffen in den Fabriken angeprangert hatte. Ähnlich äußert sich der Arbeitsrechtler Shen Binti. „Es hat direkt mit den Ermittlungen zu tun.“ Es müsse auch abgewartet werden, wie sich die Anhebung des Grundlohns am Ende auf die gesamten Bezüge auswirke.

Ein Arbeiter am Fließband bei Foxconn in der Metropole Shenzhen in Südchina liegt aber auch nach der Erhöhung mit einem Anfangsgehalt von 1800 Yuan (215 Euro) im Monat nur um 300 Yuan über dem gesetzlichen Mindestlohn. „Das ist kaum ein bedeutender Unterschied und mit Sicherheit nicht genug, um ein menschenwürdiges Leben in einer der teuersten Städte Chinas zu führen“, findet Geoffrey Crothall von der unabhängigen Organisation China Labour Bulletin in Hopngkong, die sich um Arbeitsbedingungen in China kümmert.

Nach Angaben von Foxconn liegen aber rund 75 Prozent der Mitarbeiter in Shenzhen in der höheren Gehaltsstufe von mehr als 2200 Yuan, umgerechnet aber auch nur 263 Euro. Nur mit Überstunden lässt sich mehr verdienen, was die exzessiv langen Schichten erklärt, die Arbeiter fahren - „freiwillig“, wie Foxconn betont. Um der Kritik zu begegnen, werden mit der Lohnerhöhung gleichzeitig die Überstunden abgebaut: „Unser Ziel ist es, die Überstunden zu begrenzen, während wir auch die Bezahlung erhöhen, damit unsere Arbeiter nicht geringere Löhne haben, wenn wir die Möglichkeiten für Überstunden verringern.“

Die Probleme bei Foxconn sind kein Einzelfall in China, wo keine unabhängigen Gewerkschaften erlaubt sind. Wettbewerbsvorteile ergeben sich häufig durch niedrige Löhne, ausbeuterische Arbeitszeiten, mangelnden Umweltschutz und schlechte Arbeitsbedingungen. Im Vergleich zu kleineren und mittleren Unternehmen könnte Foxconn nicht mal so schlecht abschneiden. Problematisch erscheint Experten hier aber der strenge Umgang, die Rechtlosigkeit, Erschöpfung und Isolation junger Wanderarbeiter in den Fabriken. „Nach den Aussagen von Mitarbeitern, die bei uns Rechtshilfe suchten, ist Foxconn definitiv kein Modellunternehmen“, stellt Anwalt Huang Leping fest.