Legendäre „Newsweek“ künftig nur noch im Internet
New York (dpa) - Auf dem ersten Titelbild waren Hakenkreuze. Gut zwei Wochen zuvor waren die Nazis im fernen Deutschland an die Macht gekommen und das neue Blatt in den USA zeigte groß einen SA-Aufmarsch („Hitler's Night“).
Mit solchen Bildern beherrschte „Newsweek“ acht Jahrzehnte die Zeitungskioske in den USA.
Sie brachte den Lesern Kriege, Hochzeiten, Katastrophen und ferne Länder nahe. Diesen Blickfang am Zeitungskiosk wird es künftig nicht mehr geben: Nach 80 Jahren erscheint die legendäre „Newsweek“ nur noch im Internet.
Wenn „Time“ so etwas wie der König der amerikanischen Blätter ist, dann ist „Newsweek“ die Königin. „Time“ gleicht dem deutschen „Spiegel“ nicht nur mit dem roten Rahmen, sondern hat auch eine klare Ausrichtung auf Politik und Weltgeschehen. „Newsweek“ setzte immer auch stark auf Bilder und mag mit deutschen Augen irgendwo zwischen „Spiegel“ und „Stern“ angesiedelt werden. Auf jeden Fall waren die Titelbilder ein Hingucker am Kiosk: Präsidenten, Stars, Forscher, nicht selten einfache Leute - wer vom „Newsweek“-Titel aus dem Kiosk guckte, der war jemand in der Welt. Zum Beispiel Angela Merkel vor einem knappen Jahr, untertitelt mit „ACHTUNG! It's Angela!“.
Es war Ex-„Time“-Redakteur Thomas Martyn, der „News-Week“ 1933 gründete. 1961, da war der Bindestrich schon verschwunden, kaufte die Gruppe um die Tageszeitung „Washington Post“ das Journal, doch ein halbes Jahrhundert später war die Ikone zum Fass ohne Boden geworden. Für einen Dollar - für ein Heft am Kiosk hätte er schon mehr als das Dreifache zahlen müssen - übernahm der Radiotechnikpionier Sidney Harman die Zeitschrift - und ihre Schulden.
Ein paar Wochen später verschmolz die alte, angesehene „Newsweek“ mit einer gerade zwei Jahre alten Internetplattform mit dem seltsamen Namen „The Daily Beast“. Deren Chefin, die ebenso charismatische wie harte Tina Brown, wurde Chefin beider Redaktionen. Da gab es noch vier gedruckte Versionen von „Newsweek“ für die verschiedenen Teile der Welt und diverse Lizenzausgaben.
„"Newsweek Global", wie die digitale Ausgabe dann heißt, wird eine einzige weltweite Edition sein, ausgerichtet auf ein hochmobiles, meinungsbildendes Publikum, das in einem anspruchsvollen Umfeld etwas über die Welt erfahren will“, erklärte Brown nun. Die letzte gedruckte Ausgabe gibt es am 31. Dezember 2012.
15 Millionen Leser, allein im vergangenen Jahr ein Plus von 70 Prozent, haben die Websites nach eigenen Angaben im Monat. Die sollen künftig zahlen. Während die Werbung im Printbereich einbreche, hätten schon 70 Millionen Amerikaner ein elektronisches Lesegerät, schreibt Brown - „eine hervorragende globale Plattform für unseren preisgekrönten Journalismus“. Aber Brown und ihr Kollege Baba Shetty räumen auch ein, dass viele „die Romantik der gedruckten Ausgabe und die Kollegialität in den hektischen Stunden vor dem Erscheinen“ missen werden.
Einen ähnlichen Weg ist vor drei Jahren bereits „Life“ gegangen. Das Reportagemagazin hat eine ähnliche Geschichte und eine ähnliche Aura wie „Newsweek“. Auch die Fotos von „Life“ gibt es aber nur noch im Internet. So existiert „Life“ weiter - der Glanz ist jedoch weg.