Lexikon will Listenplatz: Wikipedia als Welterbe?
Berlin (dpa) - Kölner Dom, Tadsch Mahal, Machu Picchu - Wikipedia? Was für einige Menschen wie ein Scherz klingt, ringt den Machern des Online-Lexikons kein müdes Lächeln ab. Denn Wikipedia meint es ernst: Die Unesco soll die beliebte Mitmach-Enzyklopädie als Weltkulturerbe anerkennen.
Am Montag stellten die Aktivisten eine Petition ins Netz, zum Tag des Weltkulturerbes am 5. Juni - und danach sind weitere Aktionen geplant. Doch ein Blick in die Unesco-Regeln zeigt: Die Chancen sind nicht gerade groß.
Das Online-Lexikon sei nicht nur eine Website oder eine „Technikgeschichte“, sondern ein „kulturelles Phänomen“, begründete Wikipedia-Gründer Jimmy Wales die Bewerbung in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Die Auszeichnung von der Unesco wäre da eine „wunderbare Anerkennung für all die Tausenden von Freiwilligen, die an der Wikipedia arbeiten.“ Anlass für die Initiative ist das zehnjährige Jubiläum des Lexikons.
Doch der Weg ist lang und kompliziert. Das fängt schon damit an, dass die Unesco mehrere Kategorien hat. Zum einen erkennt die Unesco Kultur- und Naturstätten an - also berühmte Gebäude oder Landschaften wie das Wattenmeer. Zudem gibt es das immaterielle Welterbe, beispielsweise den Flamenco-Tanz. „Die Unesco erkennt nicht nur physische Dinge wie Denkmäler als Welterbe an, sondern auch Ideen, Bewegungen und Konzepte“, betont Wales.
Doch für eben diese Kategorie wollen sich die Aktivisten nicht bewerben. Der Förderverein Wikimedia Deutschland, der die Initiative vorantreibt, bleibt dabei: Eine Bewerbung für die Liste der immateriellen Güter schließt er aus. Selbst wenn hier die Chancen etwas aussichtsreicher erscheinen. Stattdessen heißt es im Aufruf zur Petition: „Helfen Sie uns, die Unesco davon zu überzeugen, die Kriterien für die Vergabe des Weltkulturerbe-Status auf das neue, digitale Zeitalter anzuwenden.“ Nach den jetzigen Unesco-Statuten hat Wikipedia in dieser Kategorie keine Chance.
Und auch im Falle eines potenziellen „Plan B“ - einer Bewerbung als immaterielles Kulturerbe - hat das Online-Lexikon zumindest in Deutschland kaum Aussicht auf Erfolg. Denn Projekte können sich nicht selbst um die Anerkennung bemühen, sondern müssen von Ländern vorgeschlagen werden. „Wir halten Wikipedia für ein interessantes Projekt“, sagte der Sprecher der deutschen Unesco-Kommission, Dieter Offenhäußer. „Doch Deutschland hat eine entsprechende Konvention nicht ratifiziert.“ Dafür sind dem Übereinkommen 134 andere Länder beigetreten (Stand: Februar).
Wales ist dennoch vom Erfolg der Initiative überzeugt. „Wir wollen so viele Menschen wie möglich in diese Idee miteinbeziehen. Wir wollen Unesco beweisen, dass es breite Unterstützung für diese Idee gibt.“
Wikipedia hat sich zum Ziel gesetzt, das Wissen der Menschheit jedem frei zugänglich zu machen. Die von Tausenden Freiwilligen erstellte Wissenssammlung gehört zu den meistbesuchten Websites der Welt. Das Projekt hatte zuletzt aber zumindest in Ländern wie den USA und Deutschland mit stagnierenden oder sinkenden Mitarbeiterzahlen zu kämpfen. Daher dürfte die Initiative auch als Werbung für eine aktive Mitarbeit an dem Projekt gedacht sein.
Ist das Ganze also nur eine PR-Masche? „Das ist zu viel gesagt“, meinte Wales. „Aber keine Frage: Es geht darum, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass Wikipedia nicht einfach eine Website ist, sondern ein kulturelles Phänomen.