Mehr Handy-Datenschutz ist möglich - aber mühsam
Berlin (dpa/tmn) - Das Smartphone ist immer dabei. Das ist praktisch, nicht nur für Nutzer. Betriebssystem-Hersteller, Werbefirmen oder auch Geheimdienste bedienen sich an den Daten. Wer das unterbinden möchte, hat viel Arbeit vor sich - und scheitert bei vielen Handys.
Google, Microsoft oder Apple gewähren US-Behörden umfassenden Zugriff auf Nutzerdaten. Von der Schnüffelei sind auch Smartphones betroffen, die besonders eng mit den Diensten der Betriebssystem-Hersteller verknüpft sind und zudem den Aufenthaltsort des Nutzers weitergeben können. Will man den eigenen Standort nicht preisgeben, darf man zur Standortbestimmung nur GPS aktivieren, nicht aber die zusätzliche Ortung per WLAN und Mobilfunknetz, erklärt die Zeitschrift „c't“ (Ausgabe 16/13).
Bei Android geht das unter „Einstellungen/Standortzugriff“. iPhones und Windows-Phone-Handys erlauben dagegen kein getrenntes Ausschalten. Wer bei diesen Geräten wirklich nur GPS nutzen möchte, der muss die Mobilfunk- und WLAN-Verbindung komplett ausschalten.
Die Standortweitergabe an Apps lässt sich unter Android nur schwer kontrollieren. Im Prinzip kann jede Anwendung auf Standortinfos zugreifen, wenn dieses Recht bei der Installation aufgeführt wurde. Auf Windows-Phones darf eine App dagegen erst dann auf den Standort zugreifen, wenn man es in den Einstellungen oder beim ersten Start erlaubt hat. Auch bei iOS müssen sich Apps das Recht über einen Dialog einholen. Unter „Einstellungen/Datenschutz/Ortungsdienste“ kann man den Zugriff aber jeder App jederzeit einzeln entziehen.
Oft lässt sich ein Sammeln von Standortdaten auch dadurch umgehen, dass man einen Browser statt Apps benutzt, etwa bei Facebook oder Twitter, raten die Experten. Denn Browser dürfen den Standort bei allen drei mobilen Betriebssystemen nur abrufen, wenn das der Nutzer ausdrücklich erlaubt hat.
Wirklich anonym bewegt sich mit dem Mobiltelefon aber nur, wer die Standard-Apps oder gleich das ganze Betriebssystem austauscht. Windows Phone und iOS erlauben solch tiefgreifende Veränderung im Gegensatz zu Android nicht. Bei diesem mobilen Betriebssystem gibt es für alle vorinstallierten Google-Dienste Alternativen, selbst alternative App-Shops sind vorhanden.
Seit Android 4.0 (Ice Cream Sandwich) lässt sich jedes Android-Smartphone auch ohne Google-Konto nutzen. Wer sein Smartphone neu aufsetzt, kann jede Frage nach einer Einrichtung mit „Nein“ oder „Jetzt nicht“ abblocken. Das Konto kann aber auch nachträglich über das Einstellmenü in der Kontenansicht gelöscht werden, erklären die Experten. Damit verschwinden auch alle mit dem Konto verknüpften Daten vom Smartphone. Um sie auch vom Google-Server zu tilgen, muss das Konto dort unter google.com/dashboard geschlossen werden.
Da auch ohne Google-Konto alle Google-Standard-Apps von Gmail über YouTube bis hin zum PlayStore installiert und aktiv bleiben, müssen sie unter „Einstellungen/Apps/Alle“ deaktiviert werden. Sie können jederzeit wieder aktiviert werden. Vor dem Deaktivieren des Chrome-Browsers und der Google-Tastatur sollte man aber schon Alternativen installiert haben.
Wer wirklich sichergehen will, dass Android nun gar nicht mehr nach Hause telefoniert, müsste eine alternative Firmware (Custom ROM) wie CyanogenMod installieren. Dieser Eingriff birgt aber Risiken: So kann es sein, dass Garantieansprüche verloren gehen oder das Smartphone nicht mehr bootet, warnen die Experten der Zeitschrift.
Alternative Quellen für Android-Apps können etwa der 1Mobile Market, AnroidPIT oder das auf Open-Source-Apps spezialisierte F-Droid sein. Um von dort aus die sogenannten APK-Programmpakete installieren zu können, muss in den Einstellungen unter Sicherheit die Installation aus unbekannten Quellen erlaubt werden. Auf diesem Wege steigt aber das Risiko, sich Schadsoftware einzufangen.
Als Ersatz für Google Maps empfehlen die Experten etwa die Open-Source-App OsmAnd, die auf Kartenmaterial von OpenStreetMap basiert. Die Mail-App K9 in Verbindung mit einem Mail-Provider aus Deutschland ist den Angaben zufolge eine Alternative zu Google Mail, und statt Chrome kann man Opera, Dolphin oder Firefox als Browser nutzen. Als Lese-App für kostenlose E-Books empfiehlt sich der FBreader, für kopiergeschützte elektronische Lektüre Bluefire. Als Musik-Player kommen etwa WinAmp oder PowerAmp infrage. Wer seine Kontaktdaten über mehrere Geräte synchronisieren möchte, kann selbst einen Server mit der Open-Source-Freeware OwnCloud aufsetzen.
Bei Windows Phone und iOS lässt sich die Datensammelei zwar nicht abstellen, aber zumindest eindämmen. Sowohl für E-Mails als auch für die Synchronisierung von Kontaktdaten können andere Anbieter eingestellt werden. Kontakte lassen sich auch hier in Eigenregie per OwnCloud verwalten. Wer weitergehen will, kann iOS entsperren (Jailbreak) und hat dann Zugriff auf den alternativen App-Store Cydia, der aber kaum Alternativen zu den Standard-Apps bietet, heißt es. Für Windows Phone gibt es überhaupt keine Shop-Alternativen.