Microsoft setzt auf E-Books: Geldspritze für Barnes & Nobles
New York/Redmond (dpa) - Apple und Amazon bekommen bei den elektronischen Büchern mächtig Konkurrenz: Der milliardenschwere Software-Konzern Microsoft steigt in den boomenden Markt der E-Books ein. Der Windows-Konzern steckt dazu 300 Millionen Dollar in die entsprechende Sparte der größten US-Buchhandelskette Barnes & Nobles.
Mit seinen Nook-Lesegeräten gehört der Buchriese zu den schärfsten Rivalen von Apple mit seinem iPad und Amazon mit seinem Kindle. „Wir stehen an der Schwelle zu einer Revolution des Lesens“, begründete Microsoft-Manager Andy Lees am Montag den Vorstoß. Eine der ersten Früchte der Partnerschaft wird eine Anbindung des kommenden PC- und Tablet-Betriebssystems Windows 8 an den Nook-Onlinestore sein. Barnes & Noble hat eines der größten Programme an E-Books in den USA. Erst vor einem Monat hatten die Amerikaner auch eine Niederlassung in Deutschland gegründet.
Um das E-Book-Geschäft voranzutreiben, wird die bisherige Sparte von Barnes & Nobles als Tochtergesellschaft ausgegründet. Microsoft wird für seine Millionen einen Anteil von 17,6 Prozent an der noch namenlosen Firma erhalten. Damit wird das Gemeinschaftsunternehmen mit insgesamt 1,7 Milliarden Dollar bewertet - das ist mehr als doppelt so viel wie die komplette Barnes & Nobles mit ihren knapp 700 Buchläden zuletzt an der Börse wert war.
Der Buchhandel in den USA steht unter enormen Druck. Die elektronischen Bücher haben sich in den Staaten viel schneller ausgebreitet als etwa in Deutschland. Die zweitgrößte Buchhandelskette Borders ist bereits pleite gegangen; auch Barnes & Nobles schwächelt bei den gedruckten Büchern. Die Partnerschaft mit Microsoft ließ die gebeutelte Aktie im vorbörslichen Handel regelrecht durch die Decke gehen. Zwischenzeitlich verdoppelte sich das Papier im Wert.
Der Schulterschluss kommt überraschend. Bislang lagen Microsoft und Barnes & Nobles im Clinch. Microsoft hatte vor gut einem Jahr eine Patentklage eingereicht. Zwei Lesegeräte der Buchhandelskette basieren auf dem Android-Betriebssystem von Google, bei dem Microsoft eigene Ideen abgekupfert sieht. Barnes & Nobles erwirbt nun eine Lizenz von Microsoft.
Das Spitzenmodell Nook Tablet kostet mit 199 Dollar genauso viel wie Amazons Kindle Fire und nur halb so viel wie Apples iPad in der Basisausführung. Der Markt wird aber von Amazon dominiert und auch Apple hat sich einen gehörigen Teil gesichert. Überdies ist Google eingestiegen. Im Unterschied zu den Genannten verkörpert Barnes & Noble den traditionellen Buchhandel. Das Unternehmen wurde 1873 als Buchdruckerei gegründet. Das erste Buchhandelsgeschäft wurde 1917 in New York eingerichtet, wo Barnes & Noble bis heute seinen Sitz hat.
Microsofts Millionenspritze dürfte nicht grundlos gerade jetzt erfolgen. Die Wettbewerbshüter in den USA und Europa haben Apple und eine Reihe von Großverlagen unter Feuer genommen und werfen ihnen Preisabsprachen bei elektronischen Büchern vor. Die laufenden Verfahren könnten den Markt aufbrechen.