Milliardenstreit um ein Mobilfunkpatent: IPCom gegen Apple

Mannheim (dpa) - Es geht um viel Geld im Landgericht Mannheim. Der Patentverwerter IPCom verlangt über 1,57 Milliarden Euro von Apple, als Schadenersatz für die Nutzung eines Patents aus dem Grundstock von Mobilfunkstandards.

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Auf der Spielerbank von Apple - so nennt es Anwalt Frank-Erich Hufnagel - sitzen sechs Juristen. Gegenüber haben gleich zwölf Vertreter von IPCom Platz genommen, unter ihnen Geschäftsführer Bernhard Frohwitter. Der Vorsitzende Richter Holger Kircher greift das Bild auf: „Wenn es eine Spielerbank gibt, gibt es auch Spielregeln.“

Und die beginnen mit einer Einführung. Richter Kircher erläutert den beiden Parteien die Sache aus seiner Sicht, nennt Entscheidungen anderer Gerichte in ähnlichen Fällen und einen für den Mannheimer Prozess besonders wichtigen Beschluss des Europäischen Patentamts (EPA) in München zum betroffenen Mobilfunkpatent mit der Bosch-Bezeichnung #100. Dann analysiert er die Kernpunkte des Streits, schlägt vor, sich auf einen Aspekt zu konzentrieren: Was ist unter dem „relevanten Bit“ zu verstehen“, mit dem der Zugriff von Mobilfunkteilnehmern auf das Netz gesteuert wird? Die EPA-Beschwerdekammer, betont der Richter, habe zum Ausdruck gebracht, dass sie in diesem Punkt eine wichtige Änderung vorgenommen habe.

Jetzt gerät die Gerichtsverhandlung zum Informatik-Seminar. Frohwitter holt eine Tafel und sagt: „Ich mache große Bits, dann kann man es sehen.“ Richter Kircher möchte was lernen: „Könnten Sie kurz noch die Zahl 5 kodieren?“ Frohwitter schreibt die Nullen und Einsen für die Zahl 5 auf und sagt: „Die Anzahl der Bits spielt überhaupt keine Rolle“ - bei dem Patent gehe es nur um die technische Funktion für die Zugangssteuerung, um bevorzugte Zugänge etwa für die Rettungsdienste.

Auf der Apple-Bank ist Wolrad Prinz zu Waldeck und Pyrmont fürs Technische zuständig. Das Patent besage eindeutig, dass die Steuerung des Netzzugangs über ein einziges Bit geregelt werde. IPCom habe mit seiner Klage das Patent unzulässig erweitert, bemängelt der Anwalt. Die Klage müsse abgewiesen werden, „weil das Klagepatent für die Steuerung einfach nicht erforderlich ist“.

Die Streitparteien mögen sich nicht. „Was lachen Sie so? Haben Sie keine Ahnung von der Technik?“ fragt Frohwitter die Apple-Bank. Von dort kommt prompt die Antwort: „Mehr als Sie!“

Schließlich hat Richter Kircher genug. Diese Diskussion sei doch Kaffeesatzleserei, beschwert er sich. Das sei unbefriedigend. Jeder interpretiere den Beschluss des Patentamts nach eigenem Gutdünken, kritisiert er und fährt die IPCom-Anwälte an: „Sie begehren eine Sachentscheidung aufgrund von Mutmaßungen?“

Nach einer kurzen Mittagspause trifft der Richter eine Entscheidung. Das Urteil wird am 28. Februar verkündet - am gleichen Tag wie die Entscheidung einer anderen Kammer des Landgerichts im Verfahren gegen HTC. Es sei ja nicht sinnvoll, wenn es im Streit ums gleiche Patent an verschiedenen Tagen ein Urteil gebe, erklärt Kircher.

„Ich bin sehr zufrieden“, sagt IPCom-Geschäftsführer Frohwitter danach der Nachrichtenagentur dpa. Wenn das Gericht eine Patentverletzung feststelle, werde auch HTC auf Schadenersatz verklagt. Auf der Apple-Bank hat Justitiarin Noreen Krall die Verhandlung verfolgt, mit Hilfe von zwei unablässig tätigen Simultandolmetschern. Mehr als 1,5 Milliarden Euro sind selbst für Apple viel Geld - aber zur Verhandlung vor der deutschen Justiz will Krall nichts sagen.