WZ Exklusiv Missbräuchliche Datensammlung? Facebook weist alle Vorwürfe zurück
Die deutschen Wettbewerbshüter werfen Facebook vor, marktbeherrschend zu sein und missbräuchlich zu handeln. Stimmt nicht, kontert Facebook in seiner Antwort an die Westdeutsche Zeitung: „Popularität ist nicht gleich Dominanz.“
Bonn/Dublin. Facebook ist auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend. Facebook handelt missbräuchlich, indem das Unternehmen die Nutzung des sozialen Netzwerks davon abhängig macht, unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammeln und mit dem Facebook-Konto zusammenführen zu dürfen. Das ist — in zwei Sätzen — die Auffassung des Bundeskartellamts im Verfahren wegen des Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, die die Bonner Wettbewerbshüter dem sozialen Netzwerk nun übersandt haben. Zu den zu Unrecht angezapften Drittseiten gehörten zum Einen konzerneigene Dienste wie WhatsApp oder Instagram, so das Amt, und: „Hierzu gehören aber auch Webseiten und Apps anderer Betreiber, auf die Facebook über Schnittstellen zugreifen kann.“
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, führt dazu in einer Stellungnahme aus: „Wir sehen vor allem die Datensammlung außerhalb des sozialen Netzwerks von Facebook und ihre Zusammenführung mit dem Facebook-Konto als problematisch an. Mithilfe von Schnittstellen fließen auch dann Daten an Facebook und werden dort gesammelt und verwertet, wenn man andere Internetseiten besucht. Dies geschieht sogar schon, wenn man z.B. einen „Gefällt Mir-Button“ gar nicht nutzt, aber eine entsprechende Seite aufgerufen hat, in die ein solcher Button eingebettet ist. Dies ist den Nutzern nicht bewusst. Wir sehen nach dem jetzigen Stand der Dinge auch nicht, dass zu diesem Verhalten von Facebook, dem Daten-Tracking und der Zusammenführung mit dem Facebook-Konto, eine wirksame Einwilligung der Nutzer vorliegt. Das Ausmaß und die Ausgestaltung der Datensammlung verstößt gegen zwingende europäische Datenschutzwertungen.“
Das Bundeskartellamt führt gegen Facebook ein Verwaltungsverfahren und rechnet mit einer abschließenden Entscheidung in der Sache wird nicht vor Frühsommer 2018. Hintergrund-Informationen zum Facebook-Verfahren hat das Bundeskartellamt hier zusammengestellt: goo.gl/ocGaiy.
Von der Westdeutschen Zeitung um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen gewiesen, leitete die Sprecherin der Facebook Germany GmbH eine Stellungnahme von Yvonne Cunnane weiter, der Leiterin Datenschutz bei Facebook Irland in Dublin. „Popularität ist nicht gleich Dominanz“, so Cunnane, die den Eingang der Post aus Bonn bestätigt. Man erkenne die Bedeutung des Bundeskartellamts an und werde zusammenarbeiten: „Obwohl wir den vorläufigen Bericht noch prüfen, freuen wir uns darauf, die Fragen der Beamten zu beantworten und aufzuzeigen, wie Facebook zu einem wettbewerbsfähigen Markt in Deutschland und auf der ganzen Welt beiträgt.“
Der vorläufige Bericht zeichne „ein ungenaues Bild“ von Facebook, so Cunnane: „Obwohl Facebook in Deutschland beliebt ist, sind wir nicht dominant.“ Man müsse ständig innovativ sein, um die Erwartungen der Menschen erfüllen. Versage man, gingen die Menschen anderswo hin, wie die Geschichte anderer Technologiedienste im Laufe der Jahre gezeigt habe. „Tatsache ist, dass Facebook keine Anzeichen für ein dominierendes Unternehmen in Deutschland oder anderswo zeigt“, so die Datenschutzbeauftragte von Facebook weiter: „Ein Blick auf den durchschnittlichen Smartphone-Startbildschirm zeigt, dass die Realität sehr viel anders ist.“
Facebook werde Seite an Seite mit anderen kostenlosen Apps genutzt: „Die durchschnittliche Person nutzt nun sieben verschiedene Apps oder Dienste zur sozialen Kommunikation - doppelt so viele wie noch vor fünf Jahren. Wenn jemand ein Foto oder Video teilen möchte, gibt es nicht nur Facebook, sondern auch Snapchat, YouTube, Flickr, Twitter, Google Fotos, Pinterest und andere. Die Hälfte der deutschen Internetnutzer nutzt Facebook nicht nur neben anderen Apps, sie nutzen Facebook überhaupt nicht.“
Selbstverständlich werde Facebook die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einhalten, wenn diese im Mai 2018 in Kraft trete, so wie Facebook auch andere europäische Datenschutzgesetze seit vielen Jahren einhalte. „Wir werden in den kommenden Monaten zusätzliche Kontrollen einführen und noch mehr Aufklärung darüber bieten, wie wir die Daten und die Sicherheit von Menschen schützen. Wir werden direkt mit den zuständigen Datenschutzbeauftragten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass unser Ansatz den Anforderungen entspricht“, kündigte Yvonne Cunnane an.