Neuanfang bei VZ-Netzwerken: Retten, was zu retten ist
Berlin (dpa) - Es ist ein spätes, aber radikales Eingeständnis: Gegen Facebook kommen wir nicht an. Die VZ-Netzwerke, die dem Prinzip der virtuellen Freundschaft in Deutschland zum Durchbruch verholfen haben, verabschieden sich von ihrem angestammten Geschäftsmodell als Soziale Netzwerke für Jedermann.
SchuelerVZ soll ein Bildungsportal für Kinder und Jugendliche werden, die Schwester-Plattformen StudiVZ und MeinVZ stehen vor einer ungewissen Zukunft. Firmenchefin Stefanie Waehlert, seit Oktober 2011 im Amt, sprach im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa von einer „tiefgreifenden Neuausrichtung“. Ihr Ziel dürfte sein: Retten, was zu retten ist.
Dass so ein Schritt kommt, zeichnet sich schon seit längerem ab. Immer mehr Nutzer kehrten den Portalen den Rücken. Im Februar kamen laut AGOF nur noch 3,99 Millionen auf die Seiten. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor waren es noch 10,80 Millionen, 2010 sogar 13 Millionen. Angesichts dieser massiven Verluste prognostizierte die nicht ganz ernst gemeinte Website http://wannstirbtstudivz.net/ schon mehrfach das endgültige Ende des einstigen deutschen Pioniers.
Nicht nur StudiVZ leidet. Auch Konkurrenten wie Wer-kennt-wen und Lokalisten erleiden heftige Verluste. Bei den Sozialen Netzwerken gilt die alte Formel „The winner takes it all“ - das ist auch in Deutschland Facebook.
Der US-Riese hat binnen weniger Jahre die Nutzer aufgesaugt. Bei den VZ-Netzwerken war man sich des agilen Rivalen durchaus bewusst, wie ehemalige Mitarbeiter berichten. Dass Team Zuckerberg die anderen so schnell überholt, hätte man allerdings nicht erwartet. Irgendwann meldeten sich immer mehr Leute bei Facebook an und ließen ihr VZ-Profil verwaisen.
Nun macht das Unternehmen einen radikalen Schnitt, das zeigen die Umbenennung zu Poolworks und der Abschied von bekannten Markennamen. Bei SchuelerVZ setzt das Unternehmen auf eine Nischenstrategie: Das künftig unter Idpool firmierende Portal soll in mehreren Schritten umgebaut werden, die Vision ist eine „Plattform zum kollaborativen Lernen“ für die junge und immer noch recht loyale Zielgruppe. Wie genau die Zukunft aussieht, muss das Unternehmen aber noch im Detail zeigen.
Der neue Ansatz hat zwei Vorteile. Zum einen passt das zum Mutterkonzern Holtzbrinck, „die Verlagsgruppe ist ja stark auf Bildung und Wissenschaft ausgerichtet und investiert in edukative Angebote“, betont Waehlert. Zum anderen könne sich Idpool von seinem Rivalen abgrenzen: „Mit unserem neuen vertikalen Ansatz unterscheiden wir uns von Facebook, das einen generalistischen Ansatz verfolgt.“
Wertvoll ist auch das Know-how des Technik-Teams: Die 50 Mitarbeiter sollen nicht nur bei der Neuausrichtung von Idpool helfen, sondern auch im Mutterkonzern Holtzbrinck Projekte umsetzen. „Das trägt der Entwicklung Rechnung, dass Medienhäuser immer mehr zu Software-Unternehmen werden“, sagte Waehlert. „Wir wollen diese technologische Expertise in anspruchsvolle digitale Produkte und Services einbringen.“
Die Zukunft von StudiVZ und MeinVZ ist dagegen höchst ungewiss. Zum vierten Quartal soll eine Entscheidung fallen. Angesichts dieser unklaren Zukunft könnten sich viele verbliebene Nutzer bis dahin allerdings längst in Richtung Facebook verabschiedet haben.