Neues MacBook Pro setzt mit Superdisplay Maßstäbe
Berlin (dpa/tmn) - Das neue MacBook Pro Retina ist ein echter Hingucker - sein Display ist superscharf und spiegelt deutlich weniger als die Vorgänger. Im Praxistest läuft das Gerät flott und leise und macht einen guten Eindruck.
Nur der Preis ist noch verbesserungswürdig.
Wer die verschiedenen Modelle der Apple-Laptops MacBook Pro der vergangenen vier Jahre unterscheiden wollte, musste schon genau hinschauen. Rein äußerlich hatte sich in diesem Zeitraum an den Geräten im markanten Aluminium-Gehäuse kaum etwas geändert. Das neue MacBook Pro Retina kann dagegen schon auf den ersten Blick nicht mehr verwechselt werden - erst recht, wenn man den Bildschirm einschaltet.
Noch nie hatte ein Laptop eine so hohe Bildschirmauflösung: 2880 mal 1800 Pixel bei einer Punktdichte von 220 dpi (Punkte pro Zoll) sind eine Premiere. Mit dem menschlichen Auge kann man damit beim üblichen Betrachtungsabstand keine einzelnen Bildpunkte mehr auf dem Bildschirm erkennen. Der „Wow“-Effekt des Superdisplays wird dadurch verstärkt, dass der Bildschirm deutlich weniger spiegelt als bei den Vorgängern. Die Apple-Ingenieure haben bei der Konstruktion des Displays auf eine sonst übliche Schutzscheibe verzichtet und damit die Spiegelungen nach eigenen Angaben um 75 Prozent reduziert. Das macht sich im Praxistest tatsächlich sofort bemerkbar.
Von der Retina-Auflösung werden zunächst vor allem Fotografen und Videofilmer profitieren. Apple hat die Bildverwaltungssoftware Aperture und das Videoschnittprogramm Final Cut Pro X schon für Retina angepasst. Andere Softwarehersteller wie Adobe werden mit der Retina-Optimierung vermutlich bald nachziehen. Sonst kann man derzeit vor allem mit dem Safari-Browser die exzellente Auflösung genießen. Allerdings erscheinen jetzt beim Surfen manche Bilder gegenüber der knackig scharfen Schrift etwas flau und unscharf, weil die meisten Websites ihr Angebot noch nicht an die 5-Millionen-Pixel-Auflösung des neuen Apple-Notebooks angepasst haben.
Ähnlich wie bei der Vorstellung des ultraleichten MacBook Air vor vier Jahren dürfte Apple mit seinem mobilen Spitzenmodell wieder die gesamte Laptopbranche beeinflussen - darin sind sich die Kritiker der Fachpresse einig. Mit dem Retina setze Apple „neue Maßstäbe“, meint etwa Stephan Ehrmann von der Fachzeitschrift „Mac&i“ aus dem Heiseverlag: „Das ultrascharfe Display besticht, die Technik ist mit Ivy Bridge, Thunderbolt und USB 3.0 auf neuestem Stand, das Gehäuse beeindruckend schlank und dennoch stabil. Wer es gesehen hat, will es haben.“ Man müsse ja Mac OS X nicht mögen. „Windows und Linux laufen ebenso darauf.“
Vor allem mit dem Retina-Display „treibt Apple wieder einmal alle anderen Notebook-Hersteller vor sich her. Versuchen diese noch immer ihr Glück mit Ultrabooks, läutet Cupertino die nächste Stufe des Kräftemessens ein“, schreibt Michael Spehr, Technikredakteur der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Beim MacBook Air sorgte damals der Verzicht auf ein optisches Laufwerk, der fest verbaute Akku und die markante Keilform des Gehäuses für die Eckpunkte, die inzwischen durch Intels Ultrabook-Konzept auch bei Windows-Notebooks angekommen sind.
Auch beim neuen MacBook Pro ist sich Apple mit dem Verzicht auf ein DVD-Laufwerk treu geblieben. Wer unbedingt eines benötigt, kann das Laufwerk anderer Rechner nutzen, die im Netzwerk eingebunden sind, oder ein externes Gerät anschließen. Statt herkömmlicher Festplatte verwendet das MacBook Retina nun schnelle SSD-Laufwerke, die es in drei unterschiedlichen Größen (256, 512 und 768 Gigabyte Flashspeicher) gibt. Sie sorgen dafür, dass der ausgeschaltete Rechner in nur 17 Sekunden komplett hochgefahren werden kann.
Als Hauptprozessor (CPU) setzt Apple erstmals auf die Architektur Ivy Bridge von Intel. Die Quad-Core-i7-Prozessoren sind mit 2,3 bis 2,7 Gigahertz getaktet und kommen mit vergleichsweise wenig Energie aus, so dass der Akku bis zu sieben Stunden lang fern einer Steckdose läuft. Die höheren und auch als Turbo Boost bezeichneten höchstmöglichen Taktfrequenzen produzieren dann aber doch so viel Wärme, dass der Rechner nicht ohne Lüfter auskommt. Doch auch hier wollen die Apple-Ingenieure neue Maßstäbe setzen.
Um nerviges Gesurre auf einer Frequenz zu vermeiden, wurden die Flügel der beiden Lüfter asynchron angeordnet, so dass sich das Geräusch auf ein breiteres Spektrum verteilt und damit nicht mehr als störend wahrgenommen wird. Im Praxistest waren die Lüfter im Normalbetrieb kaum zu hören. Nur bei Spitzenbelastungen wie dem Erstellen einer DVD mit dem Programm DVD2one machten sich die kleinen Windräder bemerkbar.
Bei der Kommunikation nach außen setzt Apple nun voll auf die Multifunktionsschnittstelle Thunderbolt und USB 3.0. Über die beiden Thunderbolt-Buchsen werden vor allem externe Bildschirme angeschlossen. Über zusätzliche Adapter können hier aber LAN-Kabel oder FireWire-800-Geräte verbunden werden. Neu ist der HDMI-Anschluss, mit dem das Bild des MacBooks an einen Fernseher, Monitor oder Beamer übertragen werden kann.
Um das Gehäuse fast so flach wie beim MacBook Air gestalten zu können, verwendet Apple bei seinem Spitzenmodell nun sechs unterschiedlich große Akkumodule, die nur von einem Servicetechniker ausgetauscht werden können - für 199 Euro inklusive eines neuen Energiespenders. Da die Speichermodule im Inneren des kompakten Gehäuses verklebt werden, sollten sich Anwender schon vor dem Kauf gut überlegen, wie viel RAM sie benötigen. Bis zu 16 Gigabyte sind möglich.
Die verbaute Spitzentechnologie schlägt sich deutlich im Preis nieder. In der Standardvariante mit einer 2,3-GHz-CPU kostet der Rechner stolze 2279 Euro, die 2,6-GHz-Variante 2899 Euro. Wenn man das neue MacBook bis zum Anschlag mit SSD- und RAM-Speicher belegt und eine 2,7-GHz-CPU auswählt, kann der Preis auf maximal 3849 Euro steigen.
David Pogue von der „New York Times“ ordnet dem neuen MacBook Pro quasi sämtliche Eigenschaften zu, die man von einem „Traum-Laptop“ erwartet: „Superschnell, superdünn, superleicht. Superlange Batterielaufzeit. Viel Speicherplatz. (...) Toller Bildschirm, komfortable Tastatur, klasse Sound, kurze Boot-Zeit, robustes Gehäuse, tolles Aussehen.“ Nur eine Eigenschaft des vermisst Pogue schmerzlich: „nicht teuer“.