Nische mit Netzzwang: So funktionieren Chromebooks
Köln (dpa/tmn) - Günstige mobile Computer, zwar ohne Windows, aber doch mit allem an Bord, was Otto Normalnutzer so braucht. Die Chromebook-Idee klingt gut - allerdings funktionieren die Notebooks mit Google-Betriebssystem praktisch nur, wenn sie im Netz sind.
Ein Notebook läuft meist mit Windows, oft auch mit Mac OS und gelegentlich mit Linux. Noch weitgehend unbekannt ist dagegen das Chromebook, ein Notebook mit dem Google-Betriebssystem Chrome OS. „Das ist eine auf das allernötigste abgespeckte Form von Linux, die im Grunde nur den Browser betreibt“, erklärt Prof. Hans Stahl, Direktor am Institut für Informatik der Fachhochschule Köln.
Der gleichnamige Google-Browser bildet das Herzstück der Chromebooks. Nicht nur das Surfen im Netz, auch Textverarbeitung, Videos und sogar Spiele laufen darüber als sogenannte Apps. Dass er „nur“ im Browser arbeitet, merkt der Nutzer dabei nicht unbedingt: In der aktuellen Version bietet Chrome OS wie andere Betriebssysteme auch einen Desktop mit bunten Symbolen. Wie bei Windows oder Mac OS lassen sich offene Fenster verschieben, vergrößern und verkleinern. Und auch Multitasking mit mehreren Anwendungen funktioniert problemlos.
Vieles funktioniert aber nur, wenn der Google-Computer online ist. „Die Programme und Daten lagern nicht auf dem Rechner, sondern im Netz“, erklärt Stahl. Zum Arbeiten ohne Internetverbindung gibt es spezielle Offline-Apps, mit denen sich zumindest E-Mails oder Dokumente bearbeiten lassen, wenn man diese vorher auf den Rechner heruntergeladen hat.
Ansonsten bleibt Anwendern unterwegs nur, sich an Hotspots mit einem öffentlichen WLAN zu verbinden. Viele Chromebooks können sich außerdem ins Mobilnetz einwählen, das gilt aber längst nicht für jedes Modell. „In den USA gibt es Chromebooks in der Regel mit UMTS, hier aber manchmal nur mit WLAN“, sagt Florian Müssig von der Computerzeitschrift „c't“.
Chromebook-Nutzer machten sich außerdem von Google abhängig. „Aus dem Käfig kommt man nicht raus“, warnt Müssig. Ohne Google-Konto für Gmail, Drive und andere Dienste läuft nichts. Und alles, was der Nutzer tippt, landet auf Servern des Konzerns. „Das muss nicht schlimm sein“, sagt Prof. Stahl. „Aber es öffnet Google natürlich Tür und Tor für mögliche Analysen.“ Hinzu komme, dass neben Google vielleicht auch US-Sicherheitsbehörden Zugriff auf die Daten haben.
Der Onlinezwang der Chromebooks hat aber auch seine Vorteile. Bei einem Ausfall oder Verlust des Rechners ist auf einem Ersatzgerät auch ohne Backup sofort alles wieder da. Außerdem fällt es dank Google-Cloud leicht, die Arbeit auf anderen Rechnern oder mobilen Geräten fortzusetzen. Chrome OS und die dazugehörigen Apps brauchen auch keine leistungsstarke Hardware, um flüssig zu laufen. Selbst ein großer lokaler Massenspeicher ist überflüssig. Stattdessen haben Chromebooks meistens nur ein wenig schnellen Flash-Speicher an Bord. „Von der Hardware und Ausstattung her sind Chromebooks eher Netbooks“, sagt Florian Müssig.
Zusammengenommen mit dem Fakt, dass Google sein Betriebssystem - anders als Microsoft - verschenkt, ergibt das niedrige Preise. Chromebooks sind schon für um die 300 Euro zu haben. Einziger Ausreißer ist Googles eigenes Luxus-Chromebook Pixel für mehr als 1000 US-Dollar, das aber nur in den USA erhältlich ist. In Deutschland gibt es Chromebooks zum Beispiel von Acer, HP, Lenovo oder Samsung. Unterschiede zu regulären Notebooks gibt es kaum, vom Betriebssystem abgesehen. Lediglich die Feststell- hat Google durch eine „Suchen“-Taste ersetzt. Die Displaygröße liegt zwischen 11 und 14 Zoll. Drucker und andere Geräte lassen sich meist problemlos anschließen, sagt Prof. Stahl: „Es müssen nur die Anschlüsse vorhanden sein, das ist Sache der Hersteller.“
Bisher haben Chromebooks aber offenbar nur wenige Verbraucher überzeugt: „Der Marktanteil liegt im homöopathischen Bereich“, sagt Chrystelle Labesque vom Marktforscher IDC. Nur etwa 0,5 Prozent der in Europa verkauften Notebooks seien Chromebooks - und auch die Wachstumsaussichten sind eher begrenzt: „Weltweit sind vielleicht 2 oder 3 Prozent Marktanteil denkbar.“
Für mehr fehlten die Zielgruppen. Denn wer viel unterwegs arbeitet, könne mit den Geräten oft nur wenig anfangen, auch für Unternehmen seien sie nicht interessant, sagt Labesque. „Die ganze IT-Struktur von Firmen ist meistens auf Windows ausgerichtet.“ Vermarktet werden Chromebooks eher im Bildungsbereich an Schulen oder Universität. Auch Prof. Stahl sieht für Chromebooks hauptsächlich einen Markt bei Gelegenheitsnutzern: „Beim Surfen auf der Couch braucht man vielleicht nicht mehr.“