Rechtsanwalt: Keine Klagewelle durch neues Leistungsschutzrecht

Berlin (dpa) - Das am Freitag verabschiedete Leistungsschutzrecht wird nach Ansicht des Urheberrechts-Anwalts Ole Jani keine Klagewelle oder massenhafte Abmahnungen hervorrufen.

Das Gesetz schaffe rechtlich Klarheit, sagte Jani im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Auch die im Gesetz nicht näher definierten „einzelnen Wörter oder kleinste Textausschnitte“, die auch künftig von der Lizenzpflicht ausgenommen sein sollen, seien hinreichend bestimmbar. Dass Gesetze durch solche unbestimmten Rechtsbegriffe etwas Flexibilität und ein gewisses Abstraktionsniveau bieten müssten, sei in der Gesetzgebung auch üblich. Andere Rechtsexperten hatten dagegen Bedenken geäußert, ob das Gesetz tatsächlich Klarheit schafft.

„Dass das eine oder andere auch noch ausgelegt werden muss, und notfalls am Ende des Tages auch noch mal durch ein Gericht, das ist nicht etwa ein Sündenfall oder ein Skandal, sondern das liegt in der Natur der Sache“, sagte Jani. Kritiker hatten zuvor bemängelt, dass Juristen, Anwälte und Richter über Jahre klären müssten, welche Kurztexte künftig lizenzfrei nutzbar sein sollen und im Zweifelsfall den Rechtsweg bis zum Bundesgerichtshof bestreiten.

Jani sagte, der Gesetzgeber sei gut beraten gewesen, die Länge der sogenannten „Snippets“ nicht auf eine bestimmte Zeichenzahl zu beschränken, wie in einem Entwurf angedacht. „Man soll einen Eindruck bekommen, ganz kurz, worum geht es da, als Orientierung, aber es soll nicht das Substitut für den eigentlichen Text sein. Da wird man die Grenzen ziehen können und ziehen müssen.“

Die deutschen Verleger, die ein Schutzrecht gefordert hatten, müssten mit ihrem neu erworbenen Recht nun auch verantwortungsvoll umgehen, so der Jurist. „Die Verlage sind gut beraten, wenn sie sich nicht als erstes auf die Tweets stürzen und auf die Inhalte in sozialen Netzwerken, wo Lieschen Müller mal irgendeinen Artikel über Haustiere postet.“ Soziale Netzwerke wie Facebook und der Kurzmitteilungsdienst Twitter seien wohl nicht als Suchmaschinen einzustufen und deshalb von der Novelle vermutlich gar nicht betroffen.

Jani lobte das Gesetz als Schritt zur Gestaltung der Rechtslage im Internet. Deutschland habe sich aus der Rolle des „retrospektiven Gesetzgebers“ befreit. Auch auf europäischer und internationaler Ebene würde die Debatte mit großem Interesse verfolgt. „Das deutsche Urheberrecht hat traditionell immer eine Vorreiterrolle gehabt.“