Sandy Bridge und Fusion: Die neuen Kombi-Chips

Hannover (dpa/tmn) - Haupt- und Grafikprozessor auf einem Chip: Glaubt man Intel und AMD, dann ist das die Zukunft bei den Computerprozessoren. Zur CeBIT haben die Hersteller zahlreiche Rechner mit den neuen Kombi-Prozessoren mitgebracht.

Doch lohnt sich der Umstieg?

Das Rennen ist eröffnet: Seit Jahresbeginn sind die ersten Desktop-Computer und Notebooks im Handel, die auf den neuen Prozessorarchitekturen von AMD und Intel basieren. AMD nennt sie Fusion, bei Intel heißt sie Sandy Bridge. Die Namen klingen unterschiedlich, das Prinzip aber ist das gleiche: Beide Hersteller bringen Prozessor und Grafikchip auf einer Platine unter. Das soll die Rechner energieeffizienter und schneller machen.

Auf der IT-Messe CeBIT in Hannover (1. bis 5. März) sind viele neue Geräte mit den neuen Prozessoren zu sehen. MSI hat zum Beispiel einen ganzen Schwung an Notebooks mit AMD-Fusion-Prozessoren mitgebracht. Und bei Acer gibt es Notebooks aus der Serie Aspire Timeline X zu sehen, die von Sandy-Bridge-Prozessoren befeuert werden. Die Kombi-Chips stecken derzeit vor allem in mobilen Geräten.

Nicht ohne Grund, sagt Christian Siemers: „Der klassische, für jede Anwendung gedachte Desktop-PC ist out.“ Siemers ist Professor für Prozessorarchitektur an der Technischen Universität Clausthal. „Der Trend geht zu mobilen, hoch spezialisierten Geräten“, erklärt er. Diese seien auf Strom aus Akkus angewiesen und dürften nicht zu heiß werden - das ist der Ansatzpunkt energieeffizienter Chips.

Sandy Bridge und Fusion mögen für Notebooks und Tablet-Rechner ein interessanter Kompromiss sein. Für die an Desktop-PCs gestellten Ansprüche sind die integrierten Grafikprozessoren oft zu schwach, anspruchsvolle Anwender und Spieler stoßen damit schnell an ihre Grenzen. Im Gegensatz zu Sandy Bridge-Grafikprozessoren unterstützen die Grafiklösungen in AMD-Fusion-Chips DirectX 11. Da ist es nicht verwunderlich, dass zum Beispiel im Desktop-PC Akoya P7750 von Medion, der auf der CeBIT jetzt zu sehen ist, eine Radeon-HD6870-Grafikkarte steckt - obwohl in dem PC mit dem Intel Core i7 2600 ein Prozessor mit Sandy Bridge-Architektur arbeitet.

Medion hat den PC für spätestens Ende Mai angekündigt. Ähnliche Erscheinungstermine nennen auch andere Hersteller für Geräte mit den neuen Intel-Chips. Der Grund: Einige Anfang des Jahres ausgelieferte Chipsätze für Sandy-Bridge-Prozessoren waren fehlerhaft und wiesen bei den Anschlüssen für Festplatten und andere Laufwerke zu hohe Ausfallraten auf. Nach Rückrufaktionen und einer Umstellung der Produktion gibt es derzeit noch Lieferengpässe.

Energieeffizienz und Geschwindigkeit: Intel und AMD versprechen beides für die neuen Prozessoren. Prof. Siemers hält das nicht für ein leeres Versprechen: „Selbst moderne Prozessoren arbeiten heute eigentlich furchtbar ineffektiv und nutzen ein Großteil ihres Potenzials gar nicht aus.“ Da gebe es noch eine Menge Luft nach oben.

Bei Notebooks müsste sich eine höhere Energieeffizienz eigentlich sofort in besseren Akku-Laufzeiten niederschlagen. Tatsächlich haben die Hersteller Lenovo und Hewlett-Packard schon Business-Notebooks mit bislang astronomisch erscheinenden Laufzeiten vorgestellt: Lenovo verspricht für das neue Thinkpad T420 15 Stunden Laufzeit mit dem Standard-Akku, mit Zusatzmodul sollen sogar 30 Stunden drin sein. Hewlett Packard will mit seinem Elitebook 8460p sogar 32 Stunden schaffen - wenn auch nur mit einer zusätzlichen Ansteckbatterie. Beide Geräte sind bisher nur für die USA angekündigt.

Wie realistisch sind diese Zahlen? Christian Siemers ist eher skeptisch, zehn Prozent Effizienzsteigerung seien aber bei den ersten Generationen der neuen Prozessor-Architekturen sicher drin, meint der Professor. „Quantensprünge würde ich zu Anfang keine erwarten.“ Ähnlich sieht das sein Kollege Rainer Leupers, Professor für integrierte Systeme an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen: „Energieeffizienz ist auch eine Frage der Software. Über die wird bisher aber noch zu wenig gesprochen.“

Ein Beispiel sei die sogenannte GPGPU (General Purpose Computation on Graphics Processing Unit). Dabei wird der Grafikchip, wenn nichts für ihn zu tun ist, für andere Aufgaben genutzt. Voraussetzung ist eine entsprechende Programmierung, sagt Leupers: „Kombi-Prozessoren können nur dann richtig effektiv sein, wenn sie von der Software auch entsprechend genutzt werden. Und bis das passiert, wird es noch einige Zeit dauern.“