SAP legt die Messlatte nach gutem ersten Halbjahr höher

Walldorf (dpa) - Die Unternehmen brauchen zunehmend maßgeschneiderte Computerprogramme - das ebnet Europas größtem Softwarehersteller SAP ein boomendes Marktumfeld. Im Wettbewerb um diese passgenauen Lösungen für die Firmen-Software von morgen sieht sich das Walldorfer Unternehmen auf Kurs.

Am Dienstag hängte der Konzern die Messlatte für 2011 nach einem glänzenden zweiten Quartal ein Stück höher. Bei aller Euphorie geben Experten aber auch zu bedenken: Der Markt für Software werde schon bald ein anderer - mit unbekannten Konkurrenten.

Der Blick auf die bloße Bilanz ist ungetrübt: Mittelfristig - das heißt Mitte dieses Jahrzehnts - will SAP mindestens 20 Milliarden Euro umzusetzen. Das wäre nach 12,5 Milliarden Euro 2010 ein großer Sprung. Im jüngst abgelaufenen ersten Halbjahr verbuchte der Konzern 6,35 Milliarden Euro Umsatz - ein Plus von 18 Prozent. Unter dem Strich blieben SAP nach den ersten sechs Monaten 1,23 Milliarden Euro Gewinn, satte 23 Prozent mehr gegenüber dem vergleichbaren Zeitraum 2010. Die Werte berücksichtigen noch keine Währungseinflüsse, deren Schwankungen Änderungen bringen könnten.

„Die Zahlen sprechen für sich“, sagte der SAP-Co-Vorsitzende Jim-Hagemann Snabe am Mittwoch in einem BBC-Interview. Erste Zahlen hatte der Konzern schon Dienstag vorgelegt. Auch die Auftragsbücher stimmen das im Dax notierte Unternehmen zuversichtlich: Im zweiten Quartal 2011 stieg der Wert bei der Order für neue Softwareverträge um 22 Prozent gegenüber dem zweiten Viertel 2010. Auch im Halbjahresvergleich ist der Zuwachs noch zweistellig: Die bis Juli erhaltenen Neuaufträge sind 12 Prozent mehr wert.

Für SAP-Lenker Snabe ist das ein langfristiger Trend. Individuelle Programme für die Steuerung von Firmen hätten Konjunktur, sagte er in dem BBC-Fernsehinterview. „Die Unternehmen investieren weniger in IT-Infrastruktur und mehr in Software.“ In einem weiteren Gespräch mit dem Sender n-tv meinte er zu den langfristigen Aussichten: „Innovative Softwarelösungen stehen im Vordergrund. Deshalb glauben wir an eine sehr starke Wachstumsmöglichkeit für SAP.“

Doch Wachstum ist nur eine Seite der Medaille. Carsten Risch von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young gibt etwa zu bedenken, dass die Branche im Umbruch sei. Outsourcing und Leasing, das Verschmelzen von Hard- und Software, ständige mobile Vernetzung, die Zukunftsfragen Mobilität und Energie oder das Riesenthema „Cloud“ - also das Bereitstellen von Anwendungen aus großen Rechenzentren über das Internet - seien nur einige Beispiele. Eine breiter werdendes Feld führe aber auch dazu, dass die Konkurrenz wachse und sich auch ganz neue Wettbewerber zeigten - etwa aus dem Hardware-Bereich. Für Risch zeichnet sich damit ab: „Schlussendlich werden die Margen durch zunehmenden Wettbewerb auch zunehmend unter Druck geraten.“

Die Walldorfer rechneten bisher beim Geschäft mit Software und Wartung für 2011 mit einem Umsatzplus zwischen 10 und 14 Prozent. Nun soll der Zuwachs „am oberen Ende der Spanne“ liegen. Eine ähnliche Prognose gilt für das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis: Hier kalkulierte SAP bisher mit einer Spanne zwischen 4,45 und 4,65 Milliarden Euro. Nun gilt bei diesem Posten ebenfalls, dass das Ergebnis „am oberen Ende der Spanne“ liegen soll. Bei der operativen Marge (2010: 32 Prozent) wirkt der Ausblick dagegen vorsichtiger. 0,5 bis 1,0 Prozentpunkte Zuwachs seien drin.

Die Börse reagierte auf die SAP-Zahlen auf jeden Fall positiv: Am Dienstagabend gab es einen kräftigen Kurssprung weit über die Marke der 44 Euro, über der sich das Wertpapier auch am Mittwoch hielt. Im Rennen um die Software der Zukunft mit starken Konkurrenten wie Oracle, Microsoft oder IBM war das Quartal ohnehin nur eine Etappe.