Sony stellt die vielleicht letzte Playstation ihrer Art vor
New York (dpa) - Die Ahnengalerie von Sonys neuer Spielekonsole Playstation 4 reicht weit zurück. In den 1980er Jahren eroberten Amiga, Atari oder C64 die Kinder- und Wohnzimmer.
Die Geräte gehörten zu den ersten für jedermann erschwinglichen Spielecomputern. Anfang der 1990er brach dann die Gameboy-Welle los. In fast jedem Schülerranzen steckte die kleine Daddelkiste von Nintendo. Eine ganze Generation wuchs mit Helden wie „Super Mario“ oder „Donkey Kong“ auf.
Mit der zu Weihnachten in den Handel kommenden Playstation 4, der bereits erschienenen Nintendo Wii U und dem erwarteten Nachfolger von Microsofts Xbox 360 könnte der Stammbaum der klassischen Spielekonsolen jedoch enden. Denn vor allem Gelegenheitsspieler greifen immer häufiger zu Smartphones und Tablet-Computern, oder sie spielen zusammen mit Freunden und Bekannten bei Facebook.
„Sieben von zehn Smartphone-Usern spielen auf ihren Geräten Videogames“, sagt Branchenexperte Werner Ballhaus von PriceWaterhouseCoopers (PwC). Die Beratungsgesellschaft geht davon aus, dass die Hersteller in diesem Jahr weltweit zum ersten Mal mehr Umsatz mit Online-Spielen als mit klassischen PC- und Konsolentiteln machen werden.
Die guten Internetverbindungen haben den Weg für die Revolution an der Spielefront geebnet. Die Marktforscher der NPD Group haben bei einer Befragung herausgefunden, dass ein Drittel der Spieler selbst bei gleichem Preis mittlerweile dazu neigt, Titel aus dem Internet herunterzuladen statt sie auf einem Datenträger zu kaufen. Tendenz steigend. Die Spielekonsole würde damit ihre Daseinsberechtigung als „Abspielgerät“ verlieren.
Auch aus einer anderen Ecke droht den Spielekonsolen Ungemach, nämlich vom Cloud Gaming: Dabei laufen die Spiele komplett auf leistungsstarken Rechnern im Internet ab, und der Nutzer braucht nur noch ein Endgerät, das ausreichend schnell mit dem Internet verbunden ist. Das hätte für ihn den Vorteil, dass er sich nicht jedes Mal neue Hardware anschaffen muss, wenn die Spiele komplexer und damit rechenintensiver werden.
Statt einer Spielekonsole könnten damit in Zukunft die Empfangsbox des Kabelnetzbetreibers oder internetfähige Fernseher für ein spannendes Spieleerlebnis vollkommen ausreichen. Warum also kein Alles-in-einem-Unterhaltungsgerät fürs Wohnzimmer bauen? Viele Kunden wären sicherlich überglücklich, wenn das halbe Dutzend Fernbedienungen verschwinden würde.
„Das ist ein falscher Eindruck“, sagt Sonys zuständiger Deutschland-Manager Uwe Bassendowski zum Spieleboom auf Smartphones und Tablet-Computern. „Die Spielergemeinde wird größer. Das ist eine Riesenchance für uns.“ Sony, Microsoft und Nintendo bewerben schon heute ihre Konsolen auch als Unterhaltungszentrale fürs Wohnzimmer, mit denen sich etwa Filme anschauen lassen. Die kommende Playstation 4 soll die verschiedenen Geräte noch besser miteinander vernetzen.
Auch PwC-Experte Ballhaus sieht eine Zukunft für die hochgezüchteten Spielekisten: „Die stationären Spielekonsolen ermöglichen nach wie vor ein wesentlich komplexeres und tieferes Spielerlebnis als andere Spielgeräte.“ Grafik und Steuerung blieben die erste Wahl für Gamer. „Tragbare Konsolen spüren die Konkurrenz durch Smartphones der neusten Generation sowie Tablets viel stärker, da diese inzwischen ein vergleichbares mobiles Spielerlebnis anbieten.“
Videospiele sind ein dickes Geschäft, das zudem rasant zulegt. PwC prognostiziert ein jährliches Wachstum von 7,2 Prozent. Im Jahr 2016 wäre der weltweite Markt damit 83 Milliarden Dollar schwer (62 Mrd Euro). Den deutschen Markt sieht PwC noch etwas kräftiger anziehen und zwar um 7,7 Prozent jährlich auf 2,9 Milliarden Euro 2016.
„In Deutschland sind die traditionellen Konsolen-Spiele nach wie vor sehr populär“, sagt PwC-Branchenkenner Niklas Wilke. Er geht von steigenden Umsätzen aus. „Dagegen sind zum Beispiel die Märkte in Asien besonders durch Online- und mobile Spiele geprägt.“
Insgesamt schrumpft der Anteil der Konsolenspiele weltweit. So ist fraglich, ob in einigen Jahren wirklich noch eine Playstation 5 erscheinen wird. Dem Spieler sei das am Ende doch eigentlich egal, ist NPD-Experte Liam Callahan überzeugt. Es gehe letztlich doch um die Inhalte und nicht um die Geräte: „Content is king.“