Wikipedia-Gründer: Online-Lexikon hat noch Schwächen
Haifa (dpa) - Auch nach zehnjährigem Bestehen hat das Online-Lexikon Wikipedia nach Einschätzung seines Gründers Jimmy Wales immer noch Schwächen. Diese könnten aber mit der Zeit überwunden werden, sagte Wales der Nachrichtenagentur dpa.
Vor allem die Qualität mancher Einträge bereite den Organisatoren Kopfzerbrechen. Zwar gibt es kaum noch Internetnutzer, die Wikipedia nicht benutzen, aber zum Beispiel Studenten oder auch Journalisten dürfen sich nie allein auf Wikipedia-Angaben verlassen. Das „größte Problem“ seien hier fehlerhafte Originalquellen, betonte Wales am Rande des Jahrestreffens der Wikipedia-Autoren unter dem Titel „Wikimania“ in der israelischen Hafenstadt Haifa, das am Sonntag zu Ende geht.
„Unser Leitmotiv ist es, uns eng an die Quellen zu halten. Und wir legen dabei großen Wert darauf, nur mit verlässlichen Informationsquellen zu arbeiten“, sagte Wales. Wenn aber eine dieser grundsätzlich als zuverlässig eingeschätzten Quellen Fehler enthalte, schlage sich dies leicht auch in Wikipedia nieder. „Im Großen und Ganzen aber nimmt die Qualität von Wikipedia kontinuierlich zu“, betonte Wales. Die Frage der Qualität bedürfe aber auch noch eingehender, genauerer Untersuchungen.
Auf jeden Fall müssten die Nutzer von Wikipedia auch lernen, wie das Lexikon zu benutzen ist: „Schülern sollte beigebracht werden, auf Warnhinweise zu achten, dass zum Beispiel eine bestimmte Passage eines Artikels umstritten ist“. Und Studenten sollte die jedem Artikel zugeordnete Diskussionsseite lesen, weil daraus ersichtlich werde, wie der Eintrag erstellt wurde.
Wikipedia ist ein Online-Lexikon, bei dem grundsätzlich jeder mitarbeiten kann. Heute gibt es bereits etwa 19 Millionen Einträge in mehr als 280 Sprachen. Am größten ist der englischsprachige Teil mit 3,7 Millionen Artikeln. Allerdings hat Wikipedia Probleme bei der Anwerbung neuer Autoren. Etwa 90 000 Menschen arbeiten zurzeit regelmäßig und ehrenamtlich für das Lexikon. Diese Mitarbeiter bei der Stange zu halten und neue Schreiber anzulocken, sei jedoch aus verschiedenen Gründen nicht leicht, räumte Wales ein. Hauptgrund dafür, dass Autor abspringen, könnten Kritik an ihren Beiträgen und zu hohe technische Hürden beim Erstellen von Beiträgen sein: „Das ist sehr kompliziert, und wir arbeiten daran, dass zu vereinfachen“.
Die technischen Hürden könnten auch ein Grund sein, warum so relativ wenige Frauen unter den Autoren seien. Ihr Anteil liegt bei etwa 13 Prozent. „Es ist derart kompliziert, Wikipedia-Artikel ins Netz zu stellen, dass dies fast nur Computerfans gelingt“, räumte Wales ein. Auch er selbst sei schon bisweilen an der Technik verzweifelt. Computerfans aber seien in der Regel Männer. Insgesamt habe Wikipedia durch diese technischen Hürden bisher „viele, viele Menschen, große Teile der Öffentlichkeit“ faktisch ausgeschlossen. Dies solle durch eine Vereinfachung der Technik möglichst bald korrigiert werden.
Das Bestreben, Wikipedia auf die Weltkulturerbe-Liste der Unesco zu setzen, verteidigte Wales. Wikipedia sei ein Kulturgut, und es würden ja nicht nur physische Dinge wie Kulturdenkmäler auf die Liste gesetzt, sondern auch immaterielle Kulturzeugnisse wie 2010 zum Beispiel die französische Küche.