Zeitungskongress debattiert über „Roboter-Journalismus“
Wien (dpa) - Der durchschnittliche Smartphone-Besitzer checkt 150 Mal am Tag, ob sein Gerät ihm etwas Neues mitzuteilen hat. Medienverhalten wie dieses verändern auch die Zeitungswelt. Ein Kongress sucht Antworten.
Der „Roboter-Journalismus“ scheint eine der möglichen Antworten auf die Bewältigung der Informationsflut im Netz. Die automatisierte Suche nach Meldenswertem in sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook ist eines der Themen auf dem European Newspaper Congress in Wien. „Es haben sich viele kleine Unternehmen gegründet, die sich darauf spezialisiert haben“, sagte Kongress-Mitveranstalter Norbert Küpper am Montag auf dem größten europäischen Branchentreffen. Das Angebot dieser Start-ups könnte eine wertvolle Hilfe für Zeitungs-Redaktionen sein, die sich Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Netz erhoffen, meinte Küpper.
Bis Dienstag wollen die rund 500 Teilnehmer aus mehr als 30 Ländern über den Wandel in den Medienhäusern und die Aussichten der Branche diskutieren.
Google-News-Chef Richard Gingras empfahl den Daten-Journalismus als Erfolgsrezept. Die Branche benötige Mitarbeiter, die angesichts der verfügbaren Daten in der Welt der Statistik heimisch seien. „Wir brauchen Computerwissenschaftler, die Journalisten sind, und Journalisten, die Computerwissenschaftler sind“, sagte Gingras. Es gehe auch darum, das in den Redaktionen vorhandene Datenmaterial und Wissen möglichst zielgerichtet an die Nutzer auszuliefern. So plane die „New York Times“ eine eigene App zum Thema Essen und Ernährung.
Der Sonderstatus der Presse, der sich europaweit vielfach in direkter oder indirekter Förderung durch den Staat widerspiegle, sei zweischneidig, sagte der Vorstandschef der „Neuen Zürcher Zeitung“, Veit Dengler. In Österreich schalte die öffentliche Hand jährlich Anzeigen im Wert von 200 Millionen Euro. „Diese Subventionen, um das Kind einmal beim Namen zu nennen, sind und waren ein ganz schlechter Nährboden für Unternehmertum.“ Gerade in diesen Zeiten seien Glaubwürdigkeit und damit auch Distanz zum Staat extrem wichtig.