Zweiter Mann bei Yahoo wirft hin: „Meine Zeit ist zu Ende“
Sunnyvale (dpa) - Der problembeladene Internetkonzern Yahoo verliert eine seiner wichtigsten Führungsfiguren. Der für das Mediengeschäft zuständige Manager und zeitweilige Chef Ross Levinsohn hat das Unternehmen am Dienstag verlassen.
Damit stellt sich die Frage: Wer unterstützt die frisch angetretene Yahoo-Chefin Marissa Mayer, wenn sie im Oktober ihr erstes Kind bekommt?
„Meine Zeit bei Yahoo ist zu Ende“, erklärte Levinsohn am Montag in einer E-Mail an Freunde und Kollegen. Er war vor zwei Jahren zu Yahoo gekommen und hatte das Unternehmen kommissarisch gelenkt, nachdem der eigentliche Konzernchef Scott Thompson im Mai über einen geschönten Lebenslauf gestolpert war. Levinsohn zählte auch als aussichtsreicher Kandidat für die dauerhafte Besetzung des Spitzenjobs. Doch am Ende bekam ihn die Google-Frontfrau Mayer.
Die 37-Jährige ist ein Star im Silicon Valley und eines der bekanntesten Gesichter der Technologieszene überhaupt. Sie leitete bei Google die Internetsuche und später die Kartendienste. Vor zwei Wochen wurde sie dann an die Spitze von Yahoo berufen. Sie muss das Unternehmen wieder in Schwung bringen. Das Internet-Urgestein hat im wichtigen Werbegeschäft Boden gegen Google und Facebook verloren. Folge ist ein Sparprogramm, dem 2000 der vormals 14 000 Mitarbeiter zum Opfer fallen.
Zwar hat Mayer bereits angekündigt, trotz ihrer Schwangerschaft praktisch durcharbeiten zu wollen. Selbst wenn das Kind da ist, will sie nur wenige Wochen aussetzen und in dieser Zeit das Geschehen bei Yahoo im Blick behalten. Doch bräuchte sie wohl eine rechte Hand in der Firmenzentrale. Levinsohn wäre ein naheliegender Kandidat gewesen. Er gilt als gut vernetzt in der digitalen Medienwelt und hatte sich während seiner Zeit als Chef einige Lorbeeren erworben.
Levinsohn legte in seinen zwei Monaten an der Spitze nicht nur einen Patentstreit mit Facebook bei, den sein Vorgänger vom Zaun gebrochen hatte. Er besiegelte auch den Verkauf von Anteilen an der chinesischen Internetplattform Alibaba, wodurch Yahoo 7,1 Milliarden Dollar zuflossen.
„Dieses Unternehmen zu führen, gehört zu den besten Erfahrungen in meiner Karriere“, schrieb Levinsohn in seiner Abschiedsmail, die unter anderem die „New York Times“ veröffentlichte. Yahoo sei eine klasse Marke, fügte er hinzu. „Aber es ist an der Zeit für mich, eine neue Herausforderung zu suchen.“
Marissa Mayer dankte Levinsohn in einer E-Mail an die Mitarbeiter, die über das Technologieblog „All Things D“ den Weg an die Öffentlichkeit fand: Er habe einen „fantastischen Job“ als Übergangschef gemacht. „Er hat wirklich dabei geholfen, dass das Unternehmen vorwärts kommt. Er hat wichtige Deals abgeschlossen. Und er hat ein sehr talentiertes Team versammelt.“
Wo Levinsohn nun hingeht, blieb zunächst offen. Fest steht nur: Er kann auch eine Weile ohne Job gut überleben. Er bekommt zu seinem Abschied neben Yahoo-Aktien unter anderem ein volles Jahresgehalt samt Barbonus. Allein sein Grundgehalt lag im vergangenen Jahr bei 700 000 Dollar. Insgesamt bekam er 2011 ein Gehaltspaket im Volumen von 12 Millionen Dollar.